Deutschland

Bodenvereisungsmaßnahmen bei der Verlängerung der U5 in Frankfurt am Main

Die Bodenvereisung ist eine hochmoderne Bauweise, die den Eingriff in den Baugrund und die Umgebung deutlich reduziert. Zum Einsatz kommt das Verfahren unter anderem, wenn aufgrund dichter Bebauung oder geografischer Zwänge Bohrungen von der Oberfläche aus unmöglich sind. Bei der Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 ins Europaviertel in Frankfurt a. M. war genau dieser Fall gegeben: In der hochsensiblen, eng bebauten Innenstadtlage galt es bei den Tunnelbauarbeiten, die Bestandsgebäude nicht zu gefährden und den oberirdischen Verkehr nicht zu behindern.

Die Bodenvereisung stellt ein flexibles Verfahren dar, das vor allem bei anspruchsvollen Maßnahmen und beim Bauen im Bestand eingesetzt wird. Hierbei wird der Baugrund durch künstliches Gefrieren des Bodenwassers verfestigt und wasserundurchlässig. Der entstehende Frostkörper verleiht dem Baugrund ein sehr hohes Maß an Stabilität und schützt vor Wasserzutritt, bis diese Funktionen vom späteren Bauwerk übernommen werden können. Nach Ende der Baumaßnahme erfolgt das Auftauen auf natürliche Weise. Die Bodenvereisung hinterlässt außer den Injektionslanzen keine künstlichen Zusatzstoffe im Baugrund. Die hohen Anforderungen an den sicheren innerstädtischen U-Bahn-Tunnelbau werden mittels gezielter Vereisungen kritischer Baubereiche erfüllt.

Für das Gefrieren von Böden werden zwei unterschiedliche Herstellungsverfahren eingesetzt. Zum einen kann tiefkalter, flüssiger Stickstoff, zum anderen wässrige Salzlösung, die sogenannte „Sole“, als Kälteträger genutzt werden. Bei beiden Varianten wird die Kälte über in den Boden eingebrachte Gefrierrohre und Gefrierlanzen zugeführt.

Vereisungsarbeiten im Anschlussbereich an den Tunnelbestand der U5

Im Zuge der zweigleisigen Verlängerung der Grundstrecke B im U-Bahnnetz Frankfurt bedurfte es einer Vereisungsmaßnahme im Anschlussbereich an den Tunnelbestand am Platz der Republik. Stump-Franki Spezialtiefbau GmbH, Tochterunternehmen der Porr Deutschland, wurde mit diesen Arbeiten beauftragt. Bei der Baugrundvereisung wird dem Boden durch das Zuführen von Kälte mittels eingebohrter Gefrierlanzen Wärme entzogen. Das Grundwasser gefriert und es entstehen einzelne Eiszylinder, welche im Laufe der Zeit im Durchmesser um die Gefrierlanze herum zunehmen. Durch die Aneinanderreihung dieser Eiszylinder können geschlossene, wasserdichte Systeme erzeugt werden, die den Baugrund wirksam stabilisieren.

Prinzipskizze der Sole-Bodenvereisung
Credit/Quelle: Stump-Franki

Prinzipskizze der Sole-Bodenvereisung
Credit/Quelle: Stump-Franki

Als „Beförderer“ der Kälte kam beim Bauvorhaben U5 in Frankfurt Calciumchlorid-Sole (CaCl) (bis ca. -37 °C) zum Einsatz. Für längere Einsätze stellt die Bodenvereisung mit Sole die wirtschaftlichere Variante dar. Der relativ teure Kälteträger Stickstoff wird primär bei kurzzeitigen Spezialfällen eingesetzt. Aufgrund der besonders starken und schnellen Vereisung ist die Stickstoffvereisung bspw. bei strömendem Grundwasser gut geeignet.

Aufwendiges Monitoring

Die grundsätzlichen Arbeitsschritte einer Baugrundvereisung beinhalten Bohrungen, die zu Gefrierrohren ausgebaut werden, den Aufbau und Anschluss des Kälteträger-Leitungssystems, die Inbetriebnahme des passenden Bodengefrieraggregates (GA) sowie das Betreiben der Vereisung.

Ein weiterer wichtiger Arbeitsschritt lag bei dem Bauvorhaben der U5 in Frankfurt in der Installation und Durchführung des Monitorings. Systemparameter des GAs und des Solestroms wurden überwacht – insbesondere der planmäßige Aufbau des Frostkörpers. Aus thermischen Berechnungen ergaben sich Prognosen hinsichtlich der Dauer des Frostkörperaufbaues, welche dann als Referenz für das Monitoring dienten. Außerdem wurde die erforderliche Gefrierenergie ermittelt, um die ausreichende Stärke des notwendigen Bodengefrieraggregates bestimmen zu können.

Vereisungsbohrungen

Auf der Grundlage technischer und wirtschaftlicher Betrachtungen wurde für die vorliegende Vereisungsmaßnahme in ein Sole-Gefrieraggregat mit einer Kälteleistung von 140 kW investiert. Diese Leistung ergab sich aus zwei redundanten und unabhängig voneinander steuerbaren Kältekreisläufen mit Leistungen von jeweils 70 kW.

Die Vereisungsbohrungen bildeten den schwierigsten Teil der Aufgaben, da sehr hohe Anforderungen an die Bohrlochgenauigkeit und die Dichtigkeit der abgeteuften Bohrstränge zu stellen sind. Außerdem handelte es sich um Bohrungen gegen drückendes Grundwasser, welche mittels Preventer und zuvor anzubringenden Standrohren ausgeführt werden mussten. Hier war Maßarbeit gefordert – viele Arbeitsgänge sowie sehr beengte Arbeitsräume erschwerten die Aufgabe.

Prüfungen und Inbetriebnahme

Nach Abschluss der Bohrarbeiten mitsamt Nachvermessung und einem Drucktest, wurden die Bohrungen mit Gefrierköpfen, Gefrierlanzen, Temperaturmessketten und Entwässerungsrohren zur Druckentlastung ausgebaut und an das Gefriersystem angeschlossen. Der Kälteträger konnte nach weiteren vorlaufenden Systemchecks in das System eingelassen werden und zirkulieren. Das GA wurde gestartet und kühlte die Sole im Kältekreislauf nach deren erwärmter Wiederkehr aus den Gefrierrohren wieder auf die Zieltemperatur ab.

Aktive Kühlung reduziert die Aufgefrierzeit

Beim Bauvorhaben U5 in Frankfurt fuhr die Tunnelbohrmaschine quasi in einen von zuvor aufgefrorenen Bodenkörpern erstellten Trichter hinen. Daher hat dieser eine spezielle kragenförmige Anordnung der Gefrierrohre. Ein durch Stump-Franki entwickeltes Konzept einer aktiven Kühlung, welches die Restkälte der bereits verwendeten und somit angewärmten Sole aus dem Gefrierrohrrücklauf zusätzlich nutzt, wurde oberflächlich auf der Anschlagwand installiert und unterstützte den Aufgefrierprozess. Die Aufgefrierzeit bis zum Erreichen der erforderlichen Temperaturen respektive Vereisungskörperdurchmesser betrug rund 50 Tage. Mit der erfolgreich ausgeführten Bodenvereisung wurde der Boden abgedichtet und verfestigt, so dass der Tunnelvortrieb unter Druckluft sicher ausgeführt werden konnte. Durch die beiden redundante Kältekreisläufe und einer Notstromversorgung war die Vereisung zu jeder Zeit abgesichert.

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