Deutschland

Finaler Doppeldurchbruch am Abwasserkanal Emscher

Mit dem Durchbruch der beiden letzten Tunnelbohrmaschinen in die Zielgrube des Bauabschnitts 40 in Oberhausen sind seit dem 12. Juni 2017 die Tunnel- und Rohrvortriebsarbeiten für den Abwasserkanal Emscher (AKE) abgeschlossen.

In dem europaweit einzigartigen Umwelt- und Abwasserprojekt der Emschergenossenschaft waren über einen Zeitraum von 25 Jahren eine Vielzahl von Herrenknecht-Vortriebsmaschinen im Einsatz. Die beiden von der Baufirma Porr eingesetzten EPB-Schilde (Ø 3397 mm) errichteten mit Unterstützung von Herrenknecht-Service-Experten zwischen Oktober 2014 und Juni 2017 die beiden jeweils 10 km langen Hauptsammlerstrecken. Die Baustellencrews konnten dabei die durchschnittliche Maschinenverfügbarkeit über die gesamte Vortriebszeit bei über 95 % zu halten.

Kompakte Vortriebsanlage

Die beiden EPB-Schilde sind die einzigen Maschinen im gesamten Projekt gewesen, die im Tübbingausbauverfahren gearbeitet haben. Mit einem Innendurchmesser von 2,6 m zählen die Doppelröhren im Bauabschnitt 40 zu den kleinsten Tübbingtunneln der Welt. Entsprechend kompakt wurde die gesamte Vortriebsanlage mit einer Länge von rund 85 m konstruiert. Auch die Logistik war für den kleinen Durchmesser angepasst: So kam ein Abraumkonzept mit Förderlok zum Einsatz, bei dem der Abraum in Kübeln zum Schacht und die fertigen Segmente zur Ortsbrust transportiert
wurden.

Technisch anspruchsvolle Tunneltrassierung

Zu den besonderen Aufgaben bei der Realisierung des Bauabschnitts 40 gehörte die technisch anspruchsvolle Tunneltrassierung mit mehreren teilweise engen Kurvenradien von bis zu 200 m.
Die Trasse führt größtenteils unter der Autobahn A2 und einer Vielzahl von innerstädtischen Versorgungsleitungen entlang. Hinzu kam die Durchfahrung einer etwa 300 m langen geologischen Störzone mit sandigem und grundwasserführendem Baugrund. Die begrenzten Platzmöglichkeiten an den insgesamt drei Startschächten setzten ein genau durchdachtes Logistikkonzept voraus.

25 Jahre im Projekt Emscher-Umbau

Die Arbeiten am Gesamtprojekt Emscher-Umbau begannen bereits
im Jahr 1992 und umfassen mehr als 400 km an neuen unterirdischen Abwasserkanälen. Besondere Herausforderungen bei der Erstellung der notwendigen Tunnelbauwerke ergaben sich durch den inhomogenen Baugrund, die bis zu 40 m tiefe Rohrlage, lange Rohrvortriebsstrecken, die streckenweise anspruchsvolle Logistik und die unterschiedlichsten Bausituationen. Fast 25 Jahre lang und über 60 km der Haupt- und Nebenstrecken setzten die ausführenden Bauunternehmen für den Vortrieb in den Bauabschnitten 20, 30 und 40 auf projektspezifisch angepasste Vortriebstechnik von Herrenknecht. Darunter zahlreiche AVN-Maschinen für gesteuerten Rohrvortrieb im kleineren Durchmesserbereich, EPB-Schilde im Rohrvortriebs- und Segmental-Lining-Ausbauverfahren sowie eine Schachtabsenkanlage VSM zum Abteufen eines 23 m tiefen Startschachts. Bei einzelnen Bauabschnitten unterstützen die Herrenknecht-Konzernpartner den Bauablauf. VMT lieferte TBM-Navigationssysteme sowie verschiedene Kommunikations-,Datenmanagement- und Sicherheitssysysteme (siehe auch Artikel in tunnel 7/17). Herrenknecht Formwork produzierte Tübbing-Schalungen, MSD Rolling Stock, eine Hebetraverse und einen Kipptisch für das Rohrwerk in Gelsenkirchen.

Inbetriebnahme des Abwasserkanals Emscher für 2020 geplant

Die Emscher, deren Quelle in Holzwickede östlich von Dortmund entspringt, passiert auf ihrem rund 80 km langen Weg eine Reihe von Städten des deutschen Ruhrgebiets, bevor sie in den Rhein mündet. Seit Beginn der Industrialisierung um 1850 wurde der kleine Tieflandfluss als offener Kanal für Abwasser, Regenwasser und Hochwasser genutzt und verkam zum dreckigsten Fluss Europas. Mit der Renaturierung des Flusses, eine der Hauptaufgaben der 1899 gegründeten Emschergenossenschaft, werden Abwasser und Regenwasser künftig wieder getrennt, unterirdisch abgeleitet und in Zwischenklärwerken gereinigt. Der Fluss wird dadurch langfristig wieder sauber werden. Für Ende 2020 ist die Inbetriebnahme des 51 km langen Abwasserkanals Emscher geplant.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 05/2014 Lange Vortriebsstrecken

Rohrvortrieb beim Abwasserkanal Emscher erreicht Haltungslängen von mehr als 1100 m

Emscherumbau und Abwasserkanal Emscher Die Emscher fließt über eine Länge von 85 km quer durch das Ruhrgebiet. Sie entspringt östlich von Dortmund und mündet bei Dinslaken in den Rhein. Seit...

mehr
Ausgabe 07/2017 Deutschland

Abwasserkanal Emscher: TBM-Navigation und Sicherheitskonzept von VMT im BA 40

Der Bau des 51 km langen Abwasserkanals Emscher (AKE) ist das größte Einzelprojekt im Rahmen des Emscher-Umbaus im deutschen Ruhrgebiet und zählt unter technischen und finanziellen Gesichtspunkten...

mehr
Ausgabe 02/2018

Abwasserkanal Emscher: Geotechnische Besonderheiten beim Vortrieb des BA 40

1 Einleitung Der Abwasserkanal Emscher (Bild 1) weist einen Innendurchmesser von 1,6 m bis 2,8 m auf und wurde in Tiefenlagen bis zu 40 m hergestellt. Zur Herstellung des AKE wurden sowohl Rohr- als...

mehr
Ausgabe 02/2012 Deutschland

Größtes Einzelprojekt bei Emscher-Umbau startet

Es ist das größte Einzelprojekt im Rahmen des Generationenprojekts „Emscher-Umbau“ und die Voraussetzung für die Modernisierung der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur in dieser Region: der Bau...

mehr
Ausgabe 02/2012

Túnel Emisor Oriente: Das weltgrößte Abwasserprojekt

1 Die sinkende Stadt Um rund 12 m ist Mexiko-Stadt in den vergangenen 100 Jahren in einigen Stadtteilen abgesunken – das entspricht der Höhe eines viergeschossigen Wohnhauses. Der größte Teil der...

mehr