Herausforderung Tunnelsanierung

Generalüberholung des Rendsburger Kanaltunnels

Der Kanaltunnel Rendsburg unter dem Nord-Ostsee-Kanal wurde im Jahre 1961 dem Verkehr übergeben. Seitdem ist der Kanaltunnel ein wichtiges, geradezu unverzichtbares Teilstück der Nord-Süd-Achse entlang der B77 durch Schleswig-Holstein, das von bis zu 50.000 Autos täglich genutzt wird. Nach 50 Jahren steht nun, trotz kontinuierlicher Instandhaltungsmaßnahmen, eine Generalsanierung an. Dabei werden Verschleißerscheinungen beseitigt, die nicht mehr durch regelmäßige Arbeiten und bei laufendem Verkehr ausgebessert werden können. Um die 3 Jahre soll die Sanierung dauern, die in 3 Phasen abgewickelt werden soll. Die Konzeption der Betoninstandsetzung wurde von der Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem Institut für Bauforschung an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen erarbeitet. Die Ausführungsplanung für Ingenieur- und Straßenbau sowie die Betriebs- und Anlagentechnik wurde vom Ingenieurbüro Pöyry Infra, Hamburg, erstellt, die Planungen der Betoninstandsetzung vom Ingenieurbüro Oemig und Partner aus Kiel. Die Bauausführung erfolgt durch die Arbeitsgemeinschaft Züblin-Wisag, Niederlassungen Hamburg. Der Rendsburger Tunnel ist kein Bauwerk, das allein steht: immer mehr Tunnel und Brücken kommen in ein Alter, in dem eine Generalsanierung unumgänglich ist. Hernani Esteves, Gruppenleiter Kathodischer Korrosionsschutz der Ed. Züblin AG, ist an führender Stelle bei der Sanierung des Rendsburger Kanaltunnels im Einsatz. Er erläutert in einem Gespräch die Aufgaben, Herausforderungen und Erkenntnisse, die sich für alle an der Sanierung dieses Bauwerkes Beteiligten ergeben.


Einen Kanaltunnel zu sanieren, ist eine besondere Aufgabe: was ist die technische Herausforderung, das Besondere an der Sanierung des Rendsburger Tunnels?

Die Sanierung eines Tunnels unter laufendem Betrieb ist an sich schon eine Herausforderung. Dazu kommt, dass es zahlreiche Gewerke unter einen Hut zu bringen gilt. Neben der Betonsanierung und dem Einsatz von kathodischem Korrosionsschutz für die Bewehrung im Beton kommen Signaltechnik, Entwässerung, Lüftung und Beleuchtung. Im gerade einmal 1,20 m breiten Betriebsgang herrschen dabei zudem noch enge Platzverhältnisse, die die Arbeit oft zu einer Herausforderung werden lassen.

Inwieweit ist Züblin als ausführendes Unternehmen an der Konzeption, beispielsweise der Betonsanierung, mit beteiligt?

Die Ausschreibung der Tunnelsanierung wurde vom Generalplaner Pöyry Infra GmbH erarbeitet und als solche dann mit allen erforderlichen Leistungen vom Auftraggeber ausgeschrieben. Die Züblin hat einen Teil dieser Leistung gewonnen und ist an der Konzeption als ausführendes Unternehmen nicht beteiligt.


Was muss man sich unter dem „speziellen Brandschutzmörtel“, der auf die Tunnelwände aufgebracht wird, vorstellen? Ist es eine Neuentwicklung? Haben Sie damit bereits Erfahrungen?

Um den Brandschutz sicherzustellen ist es üblich, in Tunneln Brandschutzmörtel zu verwenden. Dies kennen wir bereits schon aus vorangegangenen Projekten. Die Hauptaufgabe eines Brandschutzmörtels besteht darin, als äußerste Lage die Betondeckung über der Stahlbewehrung in den Tunnelwänden sicherzustellen. Dadurch kann der Tunnel einem Feuer konstruktiv über eine vorgegebene Zeit widerstehen, wodurch für die Betroffenen die Möglichkeit zur Flucht gegeben ist. Diese speziellen Mörtel müssen nach DIN 4102, Teil 4, getestet werden. Dabei wird der Mörtel in einem Brandversuch getestet, wobei sich Dauer und Temperatur nach einer speziellen Brandkurve richten.


Was ist unter „kathodischem Korrosionsschutz“ zu verstehen? Können Sie dieses Verfahren bitte kurz erläutern? Weshalb hat man sich dafür entschieden?

Kathodischer Korrosionsschutz, kurz KKS, ist ein elektro-chemisches Verfahren, bei dem durch eine Fremdstromanode ein Schutzstrom in den Beton eingespeist wird, der die im Beton eingebundene Stahlbewehrung dauerhaft vor Korrosion schützt. Dabei wird die Anode an den positiven und die Bewehrung an den negativen Pol einer Gleichrichtereinheit angeschlossen. Durch die anliegende Spannung erfolgt die Einspeisung des Schutzstroms, Korrosion wird auf ein vernachlässigbar kleines Maß reduziert oder gänzlich unterbunden.


Tunnel sind in die Kritik geraten, weil sich im Gefahrenfall – beispielsweise bei einem Brand – die im Tunnel befindlichen Menschen nur schlecht oder schwer in Sicherheit bringen können: durch Rauch ist die Orientierung oft nahezu unmöglich, die Luft wird schlecht, der Sauerstoff reicht nicht bis zum Tunnelausgang. Welche Maßnahmen hat man im Rendsburger Tunnel getroffen, um diese Gefahrensituationen zu entschärfen?

Durch Neuerung in der Belüftungs- sowie der Beleuchtungstechnik werden nach Abschluss der Sanierung Fluchtwege klar gekennzeichnet sein und durch kontinuierliche Video- und Luftqualitätsüberwachung kann die Belüftung der Tunnelröhren auch auf eine Notfallsituation zielgerichtet eingestellt werden. Sicherheitstechnisch wird der Tunnel generalüberholt und entspricht dann dem heutigen Stand der Technik.


Der Rendsburger Tunnel ist mit einem Alter von rund 50 Jahren sicher nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Wie viele Tunnel ähnlichen Alters und ähnlicher Ausstattung gibt es noch in Deutschland, die ebenfalls saniert werden sollten? Wird man durch die Arbeit am Rendsburger Tunnel Erfahrungen sammeln können, die bei weiteren anstehenden Sanierungen helfen?

Wieviel Tunnel ähnlichen Alters und Typs es momentan in Deutschland gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Sicherlich wird aber durch die Arbeit am Rendsburger Tunnel ein Erfahrungsschatz angesammelt, der bei zukünftigen ähnlichen Projekten hilfreich sein wird. Schon hier profitieren wir von den Erfahrungen, die wir an abgeschlossenen Tunnelprojekten sammeln durften.


Wieviel muss nach Ihrer Erfahrung im Schnitt in eine Tunnelsanierung investiert werden? Wie lange dauert sie voraussichtlich?

Die Kosten für eine Tunnelsanierung richten sich nach Größe, Alter und der Frage, wie tiefgreifend saniert wird. Für die Maßnahmen am Straßentunnel Rendsburg ist eine Sanierungsdauer von 3 Jahren eingeplant.


Nehmen Sie, nimmt Ihr Unternehmen an der Ingenieurbaumesse econstra im Oktober in Freiburg teil? Was erwarten Sie sich davon?

Ja, Züblin wird dabei sein. Neben dem Austausch von Know-how mit anderen Fachleuten hoffen wir, interessierten Besuchern Einblicke in unsere Welt geben zu können und hier eine Möglichkeit zu bieten, Fragen direkt zu beantworten und interessante Diskussionen zu führen.


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