Erste Tunnelsanierung mit kathodischem Korrosionsschutz in Deutschland
Klassische Instandsetzungsverfahren haben sich für die Erhaltung des Kanaltunnels Rendsburg in Deutschland als nicht zielführend herausgestellt. Als langfristige Lösung konnte nur der kathodische Korrossionsschutz (KKS) überzeugen. Diese international bewährte Technik könnte in Zukunft auch in Deutschland Schule machen.
Nach dem Hamburger Elbtunnel von 1912 war der zweiröhrige, 640 m lange Kanaltunnel Rendsburg bei seiner Eröffnung 1961 der zweite für den Straßenverkehr gebaute Unterwassertunnel in ganz Deutschland. Weltweit gab es seinerzeit schon 30 größere solcher Tunnel. Jetzt ist er der erste Tunnel im Land, der mit einem kathodischen Korrosionsschutz ausgestattet ist. Besonders die im Winterhalbjahr über das Schleppwasser eingetragene Streusalzmenge der täglich bis zu 50 000 Fahrzeuge verursachte eine hohe Chlorid-Einwirkung auf Wände und Sohle des Tunnels. Zuvor durchgeführte herkömmliche Instandhaltungsmaßnahmen der Stahlbetonbewehrung und Reprofilierung des Betons zeigten hier keinen dauerhaften Erfolg. Daher kam schließlich das KKS-Verfahren für die Grundsanierung zum Einsatz, das bereits seit 30 Jahren mit Erfolg bei der Instandsetzung von Meeresbauwerken, Brücken, Parkhäusern und Tunneln weltweit angewendet wird.
Kathodischer Korrosionsschutz – Funktionsprinzip
Der kathodische Korrosionsschutz verhindert den anodischen Teilprozess (Metallauflösung) am Bewehrungsstahl, der letztendlich zu seiner Zerstörung führt. Dafür wird ein dem Korrosionsstrom entgegengesetzt gerichteter Gleichstrom angelegt. Dieser fließt von elektrisch geladenen, flächendeckend in den Beton eingebauten Anodengittern zur ebenfalls unter Gleichstrom gesetzten und jetzt kathodischen Stahlbewehrung. Positiv geladene Ionen (Na+, K+, Ca2+) fließen zur Bewehrung und alle negativ geladenen Ionen (OH-, Cl-, SO42-) fließen von der Bewehrung aus dem Beton zum Anoden-Netz. Die Lochfraßkorrosion des Bewehrungsstahls reduziert sich so nahezu auf null.
Einbau des KKS-Systems
Der Beton der Tunnelwände wurde zunächst mit dem PCC II-System Sika MonoTop-600 instandgesetzt; es besteht aus Korrosionsschutz, Haftbrücke, Grobmörtel und teilweise Feinspachtel. Alle schadhaften Stahlteile mussten dann mit der Stahlbewehrung verbunden werden. Bei letztendlich 15 000 statt vermuteten 2000 Schadstellen im Beton war dies ein großes Unterfangen. Für die Isolierung wurde als erste SPCC-Mörtelschicht SikaCem Gunit-212 SF aufgebracht. Dann erfolgte der Einbau der Titanmischoxid-Anodengitter. Nach der Montage der Abstandsstangen für die zweite Mörtelschicht wurde die Fixierung der Anodengitter kontrolliert und die Steuerung des KKS vorbereitet. Im Pilgerschrittverfahren applizierte der Verarbeiter dann SikaCem Gunit-212 SF in den einzelnen Spritzfeldern auf die Anodengitter, so dass diese komplett eingebettet wurden. Nach dem SPCC-Mörtel wurde der Zwei-Komponenten-Feinspachtel Icoment-520 Mörtel aufgebracht und anschließend abgerieben. Zum Schluss erhielten die Tunnelwände eine OS 4-Beschichtung mit Sikagard Wallcoat T, einem Zwei-Komponenten-Dispersionsanstrich auf Epoxidharzbasis.
Hochleistungs-Anodeneinbettmörtel mit Brandschutz
SikaCem Gunit-212 SF ist speziell zum Einbau von Anodengittern für den KKS zugelassen und besitzt zusätzlich die für Tunnel erforderliche hohe Feuerwiderstandsklasse F 90. Im Falle eines Brandes behält der Beton folglich 90 Minuten seine Festigkeit. Der Hochleistungs-Trockenspritzmörtel ist eines der wenigen Produkte auf dem Markt, das diese beiden Eigenschaften besitzt und das aufwändige Prüfverfahren erfolgreich bestanden hat.
Ein speziell von Sika entwickeltes Maschinenkonzept ermöglichte die ungewöhnlich große Förderweite des Spritzmörtels über eine Strecke von 400 m. Über die gesamte Distanz konnte so eine Entmischung des Materials ausgeschlossen werden. Für die Verarbeitung von SikaCem Gunit-212 SF kam die Trockenspritzmaschine Aliva-246 zum Einsatz.
Verkehrsfreigabe 2020
In der Tunnelsohle erfolgte die Reprofilierung mit SikaTop ES-104 und der Einbau des KKS mit SikaTop ES-108. Weitere Systeme von Sika kamen im Bereich des Fahrbahnunterbaus und der
-abdichtung sowie bei der Ausführung der Tunneleinfahrten und -ausfahrten zum Einsatz. Die Sanierung der Oströhre des Tunnels unter dem Nord-Ostsee-Kanal ist inzwischen abgeschlossen. Nach Beendigung der Arbeiten in der Weströhre ist die Verkehrsfreigabe des Kanaltunnels Rendsburg für Februar 2020 vorgesehen.