Schweiz

Swiss Tunnel Congress 2024 in Luzern

Nach den Feiern zum 50-jährigen Jubiläum im vergangenen Jahr kehrte die Fachgruppe für Untertagbau (FGU) mit dem Swiss Tunnel Congress 2024 wieder zum traditionellen Format zurück: zwei Tage mit Kolloquium und Kongress, wie immer im KKL Luzern, diesmal aber im Luzerner Saal, gefolgt von den Exkursionen am dritten Veranstaltungstag. Insgesamt waren vom 5. bis zum 7. Juni rund 960 Besucher aus 10 europäischen Ländern zu Gast beim Swiss Tunnel Congress.

Alexander Heim hielt einen Vortrag über das Infrastruktur-Großprojekt TELT – Tunnel Lyon–Turin – Neuartige Lösungsansätze im Lockergesteinsvortrieb im Baulos CO08 am Mont-Cenis Basis Tunnel
Credit/Quelle: STS

Alexander Heim hielt einen Vortrag über das Infrastruktur-Großprojekt TELT – Tunnel Lyon–Turin – Neuartige Lösungsansätze im Lockergesteinsvortrieb im Baulos CO08 am Mont-Cenis Basis Tunnel
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Kolloquium

Das diesjährige Kolloquium wurde unter dem Titel „Materialbewirtschaftung und Nachhaltigkeit im Tunnelbau“ abgehalten. Aufgrund wachsender Anforderungen an Effizienz und Nachhaltigkeit gerade im Bereich von Untertagbauprojekten gewinnt das Thema Materialbewirtschaftung mehr und mehr an Bedeutung, da die Anforderungen des Klimaschutzes eine umsichtige Nutzung der Ressourcen und entsprechende technische Lösungen erfordern.

Dipl.-Ing. TU Götz Schackenberg erläuterte ein Materialbewirtschaftungskonzept am Beispiel des Rheintunnel Basel. Der zweiröhrige TBM-Tunnel soll die von täglichen Staus geplagte Osttangente in Basel entlasten. Die Materialbewirtschaftung bedingt die

Planung und den Betrieb eines multimodalen Logistikkonzeptes im Rheinhafen Birsfelden. Es basiert auf einer direkten Verwertung der bautechnisch geeigneten oder aufbereitbaren Materialien im Ausland, im schweizerischen Mittelland und im Raum Basel. Das Material wird per Schiff ins Ausland, per Eisenbahn ins Mittelland und per Lastwagen in die Region Basel transportiert.

Am 5. und 6.Juni 2024 fanden der Swiss Tunnel Congress und das vorausgehende Swiss Tunnel Colloquium im KKL in Luzern statt
Credit/Quelle: STS

Am 5. und 6.Juni 2024 fanden der Swiss Tunnel Congress und das vorausgehende Swiss Tunnel Colloquium im KKL in Luzern statt
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Rund 960 Besucher aus 10 europäischen Ländern waren zu Gast beim Swiss Tunnel Congress 2024 in Luzern
Credit/Quelle: STS
Rund 960 Besucher aus 10 europäischen Ländern waren zu Gast beim Swiss Tunnel Congress 2024 in Luzern
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Dipl. Natw. ETHZ Alexander Wyss analysierte die Kreislaufwirtschaft im Tunnelbau im Vergleich zu einem weltwirtschaftlichen Mittelwert und bediente sich dabei eines Faktencheck am Beispiel zweier aktueller Tunnelbau-Großprojekte in den Alpen. Bei den beiden Großprojekten handelt es sich um den Bau der zweiten Röhre des Gotthard-Straßentunnels in den Zentralalpen der Schweiz sowie um den Tunnel Euralpin Lyon–Turin (TELT).  Fazit: In Bezug auf den Verbrauch der Hauptrohstoffe Sand und Kies betreibt der Tunnelbau bereits heute in vielen Fällen eine echte Kreislaufwirtschaft und schneidet im Vergleich mit den globalen Zahlen für die Wiederverwertung von Ressourcen sehr gut ab. Ausgangspunkt seiner Betrachtung eine Einschätzung aus dem Global Circularity Gap Report der Circle Economy Foundation (2023): „Die Weltwirtschaft ist nur noch zu 7.2 % kreislaufwirtschaftlich. Die globale Situation verschlechtert sich von Jahr zu Jahr, angetrieben durch die steigende Materialentnahme und -nutzung“. Beim Gotthard-Straßentunnel werden demgegenüber 23 % des Ausbruchbruchmaterials direkt verwendet für Gesteinskörnung für Beton; beim Tunnel Lyon–Turin liegt der Wert bei 31 %. Eine Rekordwert erzielt ein weiteres Projekt, der Tunnel de Champel in Genf, mit einer Wiederverwendungsrate des Ausbruchs von etwa 83 %. Auch der Gotthard-Basistunnel
kann als positives Beispiel dienen, mit einer Wiederverwendungsrate des Ausbruchmaterials von knapp 68 % gesamt bzw. rund 50 % projektintern.

Weitere Vorträge im umfangreichen Vortragsprogramm des Kolloquiums beschäftigten sich unter anderem mit interessanten Themen wie dem Carbonatisierter Abbruchbeton im Tunnelbau als technische Lösung zur CO2-Entfernung aus Abbruchbeton (der mengenmäßig insgesamt den größten Abfallstrom der Welt darstellt), oder auch der Nachhaltigkeit durch den Einsatz von Beton mit Recyclingmaterialien in Infrastrukturprojekten 

Kongress

Davide Fabbri (links), Präsident der Fachgruppe für Untertagbau, mit Marco Rosso (rechts), Verwaltungsratspräsident der Cargo sous terrain AG, der das Einführungsreferat über eine zukünftige unterirdisch geführte, klimafreundliche Güterlogistik hielt
Credit/Quelle: STS

Davide Fabbri (links), Präsident der Fachgruppe für Untertagbau, mit Marco Rosso (rechts), Verwaltungsratspräsident der Cargo sous terrain AG, der das Einführungsreferat über eine zukünftige unterirdisch geführte, klimafreundliche Güterlogistik hielt
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Das Einführungsreferat zum Swiss Tunnel Congress 2024 hielt Marco Rosso, Verwaltungsratspräsident der Cargo sous terrain AG. Er gab dem Publikum einen Einblick in die Rolle, die das Projekt Cargo sous terrain im schweizerischen Gütertransport der Zukunft spielen soll – ein Gesamtlogistiksystem, dessen Rückgrat unterirdische Tunnelverbindungen zwischen den Zentren des Landes bilden sollen. Während die erste Teilstrecke zwischen dem Bezirk Gäu im Kanton Solothurn und dem Flughafen Zürich verlaufen soll, sieht die Zukunftsvision vor, insgesamt 500 Kilometer Tunnel durch die Schweiz zu ziehen, um neue Wege für den Gütertransport unabhängig von Schiene und Straße zu schaffen und so einem überdurchschnittlichen Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft Rechnung zu tragen, ohne dabei die Infrastrukturressourcen an der Oberfläche zu überlasten.

Das folgende Kongressprogramm beinhaltete in diesem Jahr interessante und anspruchsvoller Beiträge zu insgesamt neun nationalen und europäischen Tunnelprojekten. Zur Auswahl gehörten Vorträge über den aktuellen Stand der Schweizer Untertagbauprojekte 3. Tunnelröhre Rosenberg, Gubristtunnel, Tagbautunnel Ferney, Tunnel Pyramides d’Euseigne und Neubaustrecke Neuchâtel–La Chaux-de-Fonds. Der STC-Vortrag „SBB-Doppelspurtunnel Ligerz – Eine Engpassbeseitigung mit komplexen Randbedingungen“ ist in voller Länge in tunnel 3/24 nachzulesen.

Insgesamt 16 Fachvorträge standen an den beiden Veranstaltungstagen auf dem Programm des Kolloquiums und des Kongresses
Credit/Quelle: STS

Insgesamt 16 Fachvorträge standen an den beiden Veranstaltungstagen auf dem Programm des Kolloquiums und des Kongresses
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Einen fachtechnischen Erfahrungsaustausch über die schweizerischen Landesgrenzen hinaus boten die Präsentationen zu den internationalen Tunnelbauprojekten TELT Lyon–Turin Basistunnel, Galleria Terzo Valico auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke Mailand–Genua und Koralmtunnel. Dr. Klaus Schneider und Dr. Helmut Steiner von der ÖBB-Infrastruktur AG berichteten in diesem abschließen Kongressvortrag über das Finale der 130 km langen Koralmbahn mit dem 33 km langen Tunnel und über die Herausforderungen, die die
Fertigstellung und Inbetriebnahme eines der größten Eisenbahninfrastrukturprojekte in Europa mit sich bringen. Projekte dieser Größenordnung, so die Autoren in ihrem Fazit, bedürfen stabiler langfristiger Strategien und klarer Organisationsstrukturen mit kurzen Entscheidungswegen. Konsequenten Projekt-, Risiko- und Kostenmanagements sind dabei wichtige Bestandteile einer erfolgreichen Projektumsetzung.

Swiss Tunnel Day 2025

Eine organisatorische Neuerung hat die FGU für 2025 angekündigt: Im kommenden Jahr wird am 12. Juni anstelle des STC erstmals der Swiss Tunnel Day (STDay) im Kongresszentrum in Biel stattfinden – eine eintägige kompaktere Veranstaltung, ohne Kolloquium und abschließende Exkursionen, aber mit dem gewohnten hochwertigen Kongressprogramm über technische Neuerungen und herausfordernde Bauprojekte in Planung und Ausführung. Zukünftig werden STC und STDay nun abwechselnd im jeweils zweijährigen Turnus veranstaltet.

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