Wirtschaftliche Befestigung von Betriebssystemen für Tunnel mit Tübbingausbau
Durch die erhöhten Anforderungen an die Betriebstechnik und Betriebssicherheit von Verkehrstunneln (RABT 2006 und Directive 2004/54/EC) sind immer mehr Ausrüstungssysteme im Rahmen des Innenausbaus zu berücksichtigen.
Für den Innenausbau von in der Spritzbetonbauweise aufgefahrenen Verkehrstunneln sind weltweit seit Jahren Ankerschienen von Halfen als Befestigungssystem etabliert. Diese werden bereits vor den Betonierarbeiten für die Innenschale am Schalungsboden des Schalwagens montiert und dann einbetoniert. Vergleichbare Einsatzmöglichkeiten sind ebenfalls für maschinell aufgefah-rene Verkehrstunnel mit einem Stahlbeton-Tübbingausbau problemlos möglich.
Finnetunnel der NBS Erfurt–Leipzig/Halle
Die Neubaustrecke Erfurt–Leipzig/Halle der Deutschen Bahn AG ist Teilstück der Hochgeschwindigkeitsverbindung Berlin–München und Bestandteil der Transeuropäischen Netze und wird für eine Höchstge-schwindigkeit von 300 km/h ausgelegt. Ende 2006 erfolgte die Vergabe des Finnetunnels bei Herrengosserstedt, als Teilprojekt der NBS, an eine Arbeitsgemeinschaft bestehend aus Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co KG und Porr Tunnelbau GmbH.
Anfang 2008 begann die Produktion der ca. 48 000 Tübbinge vor Ort in einer Feldfabrik durch die Mobil Baustoffe GmbH. Die Einzelringe sind jeweils 2 m breit und bestehen aus 6 + 1 Einzelsegmenten. Es werden Ringe mit linker und rechter Konizität gefertigt. Die entsprechenden Schalungssätze wurden durch die Herrenknecht Formwork Technology GmbH geliefert.
Im April 2008 begannen am Finnetunnel die maschinellen Vortriebsarbeiten für die 2 eingleisigen Röhren mit einem Innendurchmesser von 9,60 m. Mit jeweils ca. 6886 m handelt es sich um den längsten Tunnel der Strecke. 2011 soll der Finnetunnel im Rohbau abgeschlossen sein; auf der gesamten Strecke soll der Einbau der Oberleitung, Elektrotechnik sowie der Leit- und Sicherungs-technik beginnen. Die Montage dieser Systeme muss sicher und wirtschaftlich erfolgen.
Befestigung von Betriebssystemen
Die wesentlichsten beim Bahnbau im Tunnel zu befestigenden Einbauten der Oberleitung sind die Bestandteile des Kettenwerks, der Verstärkungsleitung und der Rückleiterseile. Zur Befestigung dieser Betriebssysteme werden auch beim maschinell aufgefahrenen Finnetunnel mehr als 4000 m Ankerschienenpaare des Typs HTA 52/34 gem. Richtzeichnung der DB Netz AG in Edelstahlausführung eingebaut. Geliefert werden unterschiedlichste Einzellängen zwischen 1100 mm und 4300 mm mit einem Biegeradius von 4800 mm. Zum Einbetonieren werden die Ankerschienen als Paare mit Distanzhaltern und kurzschlussfester Verbindung verlegefertig mit betonseitig angeschweißten Ankern in das Fertigteilwerk auf der Baustelle geliefert (Bild 1).
Zum Schutz gegen das Eindringen von Frischbeton werden die Ankerschienen mit einer Kombistreifenfüllung versehen, die später beim Einbau im Berg ein unverändertes Handling der Tübbinge mit Hilfe eines Vakuumabhebers sowie eines Vakuumerektors ermöglicht. Nach dem Einbau kann die Kombistreifenfüllung entfernt werden, so dass die Anker-schienen zusammen mit Haken-kopfschrauben zur Lastaufnahme bereit sind.
Einbeziehung in die Tübbingfertigung
Bei der Tübbingherstellung werden die Ankerschienenpaare in die Tübbingschalung eingelegt und durch ein auf den Schienentyp abgestimmtes Fixierungssystem am Schalungsboden montiert (Bild 2). Ent-sprechend geforderte Einbautoleranzen, wie Parallelität und Rückliegemaß, können hierdurch eingehalten werden. Nach dem Fixieren der Ankerschienen wird der Bewehrungskorb eingesetzt und der Tübbing betoniert. Beim Ausschalen des Tübbings wird die Arretierung der Schienen mit der Tübbingschalung gelöst. Bei Verwendung von mit Ankerschienen ausgestatteten Spezialtübbingen muss im vorliegenden Fall im Mittel jeder 22. Ring mit Ankerschienen versehen sein, um die Montageabstände für das Oberleitungssystem einzuhalten (Bild 3). Die Beeinflussung der Steuerbarkeit der Tunnelbohrmaschine ist aus vorgenannten Gründen in Kombination mit links- und rechts-konischen Ringen vernachlässigbar gering.
Vorteile der Ankerschienen
Bei der Verwendung einbetonierter Ankerschienen entfällt die nachträgliche Montage eines Befestigungssystems im Tunnel. Es müssen nur noch die Be-triebssysteme selbst angebracht werden.
Bei der Montage der Betriebssysteme werden Beschädi-gungen des Betons oder auch der Bewehrung sowie Lärm und Staub gänzlich vermieden, weil für den Einbau keine Bohrarbeiten erforderlich sind. Eine zusätzliche Gewerke- und somit auch Gewährleistungsschnittstelle entfällt daher.
Der Entfall des Gewerkes Bohrarbeiten führt darüber hinaus zu einer Bauzeit- und Kostenersparnis. Ferner können einbetonierte Ankerschienen schon während des Tunnelvortriebs z. B. für die vorübergehende Montage von Versorgungs- und Transportleitungen, Gehstegen oder Arbeitsbühnen genutzt werden.