Infrastrukturen für die Zukunft
Fortschritt braucht Mobilität. Und Mobilität braucht funktionierende Infrastrukturen. Nicht umsonst beteiligt sich Europa an den Kosten für den Ausbau der Infrastruktur und Schaffung leistungsfähiger Verbindungen. Da Deutschland im Herzen Europas liegt, führen viele Achsen der transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-T) durch Deutschland. Zu den als wichtig eingestuften und deshalb EU-geförderten Streckenabschnitten gehören beispielsweise die Bahnmagistrale „Nürnberg–Berlin“ (VDE 8), der Citytunnel Leipzig oder Stuttgart 21.
Obwohl Stuttgart damit nicht nur seine deutschlandweite, sondern auch seine europäische Bedeutung unterstreicht, ist über kein Projekt kontroverser diskutiert worden als über „Stuttgart 21“. Dabei sind die Diskussionen um Stuttgart 21 nur ein Beispiel dafür, dass immer weniger Großprojekte in Deutschland unter einem „guten Stern“ stehen. Die Gründe sind zahlreich und teils sehr individuell: lange Planungszeiträume, politische Schachzüge, Bürgerproteste, kostenintensive Änderungen während der Bauphase, … Mitte April 2013 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung deshalb eine „Reformkommission Bau von Großprojekten“ gebildet, die Gegenmaßnahmen zu den vorgenannten Problemen erarbeiten soll.
In einem einleitenden Text zur Vorstellung der Kommission heißt es, dass die deutsche Bauwirtschaft und Ingenieurkunst weltweit einen hervorragenden Ruf genießen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns – auch international – nicht verstecken müssen. Doch gefährden die medienintensiven und andauernden Diskussionen bei größeren Projekten nicht auch unsere internationale Reputation; ist unser Ruf wirklich noch uneingeschränkt gut?
Wir sind alle dazu aufgerufen, unseren Teil dazu beizutragen, Infrastrukturprojekte zu fördern und deren Image zu verbessern.
Apropos „fördern“: Gerade in Zeiten von Wirtschaftskrise und Euroskepsis ist eine Investition in zukunftsgerichtete Infrastrukturen mehr als sinnvoll. Sie erinnern sich vielleicht noch an die „Abwrackprämie“ für alte PKW: Es ist gerade einmal vier Jahre her, dass die Bundesregierung im Jahr 2009 im Rahmen des Konjunkturpakets II eine Prämie von 2.500 € für den Neukauf eines PKW bei gleichzeitiger Verschrottung eines mindestens neun Jahre alten Fahrzeugs gewährt hat. Die insgesamt rund 5 Mrd. €, die ausgezahlt wurden – das entspricht beinahe den erwarteten Kosten für Stuttgart 21 – haben der Automobilindustrie glänzende Absätze beschert. Doch wie sieht die Langzeitwirkung aus? Glaubt man heute den Pressemeldungen, geht es – zumindest einigen – Herstellern so schlecht wie zuvor.
Da sind Förderungen der Infrastruktur deutlich besser angelegt. Aber es ist verständlich: das Geld für das verschrottete Auto war schnell verfügbar und schnell stand auch der Neuwagen vor der Tür. Bei einem Infrastrukturprojekt dauert die Zeit von der ersten Idee bis zur Inbetriebnahme sehr lange – um nicht zu sagen, zu lange. Aber irgendwann werden die Projekte doch fertig: Die letzten Tunnel auf den VDE 8-Strecken wurden letztes Jahr durchgeschlagen und der Citytunnel soll dieses Jahr in Betrieb gehen. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass wir heute von Infrastrukturen profitieren, die vor Jahrzehnten unter ähnlichen oder gar größeren Beeinträchtigungen hergestellt wurden.
Zudem fördern Infrastrukturprojekte nicht nur die Wirtschaft und Beschäftigung über Jahre bis Jahrzehnte, sie legen auch den Grundstein für eine Mobilität der Bevölkerung, die wiederum Grundlage für eine weitere wirtschaftliche Entwicklung ist. Und diese Förderung wirkt nicht nur einige Jahre wie eine „Abwrackprämie“, sondern sie legt die Grundlage für viele Jahrzehnte – nicht ohne Grund werden Ingenieurbauwerke wie Tunnel für eine Lebensdauer von über 100 Jahren konzipiert. Blickt man auf die vielen noch in der Nutzung befindlichen alten Tunnel zurück, ist dies sicher eine richtige Entscheidung.
Verhaltens- und Verfahrensänderungen sind notwendig, um das unterirdische Bauen zu fördern und ins rechte Licht zu rücken. Wir müssen neue Wege einschlagen, Großprojekte schneller umsetzen und deren Nutzen intensiver kommunizieren.
Zunächst sollten wir uns darüber aber untereinander austauschen. Und was wäre dazu besser geeignet als das Familientreffen der Tunnelbauer, die nächste STUVA-Tagung in Stuttgart mit dem Motto „Tunnel – Infrastruktur für die Zukunft“. Merken Sie sich den 27. bis 29. November 2013 vor. Wir freuen uns auf Ihr Kommen!