Forschung und Entwicklung

STUVA Nachrichten

Martin Herrenknecht 70 / 35 Jahre Firma Herrenknecht

Betrachtungen eines Weggefährten

Es muss irgendwann in den 1970er Jahren gewesen sein, als mir ein sympathischer, spring-lebendiger junger Mann über den (beruflichen) Weg lief. Er hatte soeben damit begonnen, eigenständig Tunnelvortriebsmaschinen zu bauen und wollte nun Mitglied in der damals von mir geleiteten STUVA werden. Der Mann hieß Martin Herrenknecht und hatte kurz zuvor eine Tunnelvortriebsmaschine mit 12 m Durchmesser kilometerlang durch den Seelisberg in der Schweiz „gesteuert“, alle damit verbundenen Probleme und Schwierigkeiten bewältigt sowie den „Job“ erfolgreich zu Ende gebracht. Daraus war bei ihm eine Faszination für diese gerade im Aufwind befindliche “Branche der Tunnelbauer” entstanden, die ihn schließlich zur Gründung einer eigenen Firma zur Herstellung von Tunnelvortriebsmaschinen animierte. Von seiner Mutter hatte er sich das dafür nötige Kleingeld geliehen. Diese hatte es vorsichtshalber als „verlorene Investitionshilfe“ gebucht. Wer konnte damals auch schon ahnen, was aus dieser Starthilfe einmal entstehen würde?

Aus diesen bescheidenen Anfängen heraus ist der Name Herrenknecht zum weltweit bekannten Markenzeichen im maschinellen Tunnelvortrieb geworden. Überall wo Tunnel gebaut werden, kommen Maschinen und Anlagen von Herrenknecht zum Einsatz und dabei ist es gleichgültig, ob es sich um Kleinvortriebe von unter 1 m oder um Großvortriebe von 15 bis 19 m Durchmesser handelt. Martin Herrenknecht hatte damals zweifellos die „richtige Nase“ für eine Marktnische mit riesigem Wachstumspotential. Gebohrt wird inzwischen von seiner Firma horizontal und vertikal – völlig gleichgültig für welchen Zweck: Abwasser oder Wasserversorgung; Bahn oder Straße; Energiegewinnung oder Energietransport oder was man sich sonst noch alles vorstellen kann. Tatsache ist: Die heutige Herrenknecht AG beschäftigt weltweit 3.200 Mitarbeiter (wobei der von ihm zum Erhalt des Kirchenstandorts bezahlte Pfarrer von Schwanau oder die Stellen als Folge seiner zahlreichen sonstigen sozialen Engagements noch nicht eingerechnet sind!). Seine Firma hat inzwischen einen Jahresumsatz von knapp 1 Mrd. Euro und umfasst 68 Tochter- oder Beteiligungsunternehmen, zahlreiche davon im Ausland – nicht zuletzt in aufstrebenden Märkten wie China. Solche locken Martin Herrenknecht nahezu magisch an. Kein Wunder also, wenn – wie kürzlich geschehen – der chinesische Ministerpräsident und die deutsche Bundeskanzlerin sein Werk in China besuchen und als Musterbeispiel für eine Investition in die Zukunft des Landes hervorheben. Politisch kann nachdrücklicher eine Lebensleistung kaum anerkannt werden. Aber eine solche Anerkennung steht nur neben zahlreichen hohen Fachauszeichnungen an Martin Herrenknecht, zu denen die Ehrendoktorwürde der Universität Carolo Wilhelmina zu Braunschweig 1998 und der STUVA-Preis 2005 („Oskar der Tunnelbauer“) als besonders herausragend gehören.

Wer jedoch glaubt, jetzt werde Martin Herrenknecht vor dem Hintergrund eines solchen Erfolgszenarios “abheben”, der sieht sich getäuscht. Er ist der bodenständige, sympathische und humorvolle Mensch geblieben, als den ich ihn vor 35 Jahren kennen gelernt habe. Niemals schlägt er mir einen Gesprächstermin oder einen Vortrag aus, um den ich ihn bitte - und dies, obwohl er manchmal sicherlich Wichtigeres zu tun hätte. Wenn man sein Werk in Schwanau besucht, um die neuesten Entwicklungen zu besichtigen, führt er noch heute – wann immer möglich – voll berechtigten Stolzes persönlich durch das inzwischen riesig gewordene Gelände mit den zahlreichen Produktionshallen. Auf gemeinsamen fachlichen Reisen ist man gut beraten, sich von vornherein auf wenig Schlaf einzustellen: Kundenbetreuung ist ihm nicht nur wichtig (und ein Geheimnis seines Erfolges), sondern auch von ungewöhnlicher “Intensität”. Aber es macht einfach Spaß, mit ihm zusammen zu sein, seinen unternehmerischen Mut und seine immer neuen zukunftsweisenden Ideen kennen zu lernen oder auch nur seinem reichhaltigen Repertoire an “Geschichten” zu lauschen. Seine Begeisterung kann er auf Menschen übertragen und damit Vertrauen in sich selbst wie auch in seine Produkte schaffen. Es gibt nur wenige mir bekannte Menschen, von denen eine derartige Kraft und Ausstrahlung ausgeht.

Wenn Martin Herrenknecht am 24. Juni 2012 sein 70. Lebensjahr vollendet, so ist dies fast unglaublich. Waren solche Menschen nicht früher “alte Leute”? Es  scheint fast so, als ob die gewaltigen Anforderungen eines derartig unruhigen Lebens mit ständig neuen fachlichen Herausforderungen und “nebenbei” Reisen um die ganze Welt, ihn auf ganz besondere Weise jung erhalten hätten. Und dies ist nicht nur schön festzustellen, es ist auch notwendig, denn die Tunnelbauwelt wie auch seine Firma und die Familie (seine Paulina mit zwei Töchtern und einem Sohn) brauchen ihn noch weiter dringend. Bei allem Können, aller Verantwortung und allem Ernst, die in unserer Branche notwendige Bestandteile des täglichen Wirkens sind, brauchen wir nicht zuletzt auch den (seinen) Humor. Dieser macht nämlich die unvermeidlichen Schwierigkeiten und den Umgang miteinander etwas leichter, denn er führt letztendlich dazu, etwas “über den Dingen” zu stehen. Bekanntlich sieht man von einem derartig erhöhten Standort aus die Umgebung etwas umfassender und erkennt dadurch die (übergreifenden) Zusammenhänge deutlicher. Den “Tunnelblick” zu überwinden, dazu leistet Martin Herrenknecht unverzichtbare Beiträge, und ich habe den sehnlichen Wunsch, dass dies auch in Zukunft noch sehr lange weiter erfolgt.

In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch an Martin Herrenknecht zum 70. und zum Firmenjubiläum vom gesamten Team der STUVA und STUVAtec sowie besonderen Dank für die großartigen gemeinsamen Jahre und die vielfältige Unterstützung der STUVA-Arbeit.

Ad Multos Annos!

Günter Girnau

Ehrenmitglied des Vorstandes

Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen – STUVA

100 Jahre Hamburger Hochbahn

Im Jahr 1912 nahm die Hamburger U-Bahn ihren Betrieb auf. Nach nur sechsjähriger Bauzeit bot die Ringlinie, die heutige U3, den Hamburgerinnen und Hamburgern eine komplett neue und wegweisende Form innerstädtischer Mobilität. Die U-Bahn bildete gleichzeitig das Fundament für die damalige Hamburger Hoch- und Untergrundbahn Aktiengesellschaft, die heutige HOCHBAHN. Mittlerweile befördert das Unternehmen auf 3 U-Bahn-Linien und über 110 Buslinien pro Tag mehr als 1,2 Mio. Fahrgäste.

Das Jubiläum feierten 250 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verbänden in der U-Bahn-Haltestelle HafenCity Universität, einer der beiden neuen Haltestellen der U4, die Ende des Jahres in Betrieb gehen wird. Seitens der STUVA nahmen die Mitglieder des Vorstands Dr. Karl Morgen, WTM Engineers GmbH, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e. h. Günter Girnau und der Geschäftsführer Dr.-Ing. Roland Leucker an der Veranstaltung teil.

Viel unternehmerisches Geschick und sicher oft auch Durchsetzungsvermögen sind notwendig, um ein so großes Netz sicher und vorausschauend zu betreiben. Die STUVA freut es deshalb ganz besonders, die Hamburger Hochbahn zu ihren langjährigen Mitgliedern zählen zu dürfen und wünscht für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und eine glückliche Hand bei der Umsetzung von Innovationen für den ÖPNV und insbesondere für das unterirdische Bauen – wie es bei der U4 gerade erst gezeigt wurde.


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