Tunnelentrauchung für Zentralbahnhof Antwerpen/B
Der Sicherheit von Tunneln wird aus gutem Grund immer stärkere Beachtung geschenkt. Dies gilt weltweit für Straßen- und Bahntunnel gleichermaßen. Im folgenden Beitrag wird eine Tunnelentrauchungsanlage für den Zentralbahnhof von Antwerpen in Belgien vorgestellt.
Wurden Bahntunnel bis vor kurzem kaum mit Tunnellüftungen ausgerüstet, so sind diese bei vielen internationalen Neubauprojekten von vornherein vorgesehen. So auch im Tunnel vor der Einfahrt zur neu gebauten Unterquerung des im Volksmund Spoorwegkathedraal (Eisenbahnkathedrale) genannten Zentralbahnhofs von Antwerpen. Dort hat die belgische Bahnverwaltung richtungserkennende Strömungssensoren installiert, die die Luftgeschwindigkeit messen und im Fall eines Brandes die Rauchabsaugsysteme steuern. Die Absaugeinrichtungen sollen vor allem verhindern, dass im Brandfall Rauch in den Bahnhof dringt und die dort wartenden Passagiere gefährdet. Eingesetzt wurden hier Vortex Volumenstromsensoren des Typs VAR TwinPipe von Höntzsch.
Die Katastrophen im Mont-Blanc-Tunnel (März 1999) und 2 Monate später im Tauerntunnel, aber auch der Brand im Gotthard-Tunnel im Oktober 2001, haben das Brandrisiko in dramatischer Weise wieder vor Augen geführt. Im Mont-Blanc-Tunnel wurde bei der Katastrophe von 1999 der Rauch so abgesaugt und Frischluft so eingeblasen, dass der Rauch in der Tunnelröhre verwirbelt wurde. Deshalb war nach kürzester Zeit keine Rettung mehr möglich, da die Rauchgase in Turbulenz gerieten und sich in kürzester Zeit mit der verbliebenen Atemluft im Tunnel vermischten. Wäre die Strömung einigermaßen laminar geblieben, hätte es wahrscheinlich weniger Tote gegeben.
Bei laminarer Strömung erfolgt die Bewegung von Flüssigkeiten und Gasen ohne Turbulenzen, das heißt ohne Verwirbelungen. Das Fluid strömt in diesem Fall in Schichten, die sich nicht vermischen. Dieses Sicherheitsrisiko ist keineswegs auf die Straße beschränkt: Am 8. Juli 2000 brach während
der Love-Parade im Berliner U-Bahnhof „Deutsche Oper“ ein Brand aus, bei dem 350 Fahrgäste nur knapp einer Katastrophe entgangen sind.
Entrauchung braucht „richtige“ Strömung
Die Entrauchung in einem Tunnel ist eine schwierige Brandschutzaufgabe. Der Entrauchungs-Vorgang muss so gestaltet werden, dass ausreichend viel Zeit für die Evakuierung des Tunnels gegeben ist. Allerdings waren Bahntunnel bisher kaum mit mechanischen Lüftungsanlagen ausgestattet. Das liegt daran, dass die Schadstoffbelastung in meist elektrisch befahrenen Bahntunneln deutlich niedriger als in Straßentunneln ist. Hinzu kommt, dass das Brandrisiko bei Bahntunneln deutlich geringer ist als unter Pkw- und Lkw-Verkehr in Straßentunneln.
Bei Projekten, die sich gegenwärtig in der Planungs- oder Bauphase befinden, sind jedoch immer häufiger mechanische Entrauchungsanlagen, insbesondere für unterirdische Haltebahnhöfe, vorgesehen. So sollen die derzeit im Bau oder in der Planung befindlichen Alpen-Basistunnel am Brenner, Gotthard, Lötschberg und der Lyon-Turin-Basistunnel eine mechanische Lüftung erhalten. Die in der Regel als mechanische Längslüftungen ausgelegten Systeme sollen rauchfreie Fluchtwege und eine definierte Längsströmung der Luft im Bahntunnel gewährleisten.
Strömungs-Sensoren – Voraussetzung zur sicheren Entrauchung Tunnel-Lüftungssysteme müssen die Luftbewegung in der Röhre frühzeitig und umfassend kontrollieren. Für die Anlagensicherheit wichtig ist die Steuerung der Ventilatoren/Belüftungsklappen, um die Luftgeschwindigkeit entsprechend der für die unterschiedlichen Phasen im Katastrophenfall gegebenen Situationen zu regeln und damit zu begrenzen. Unterschieden wird dabei zwischen der Selbstrettungs- sowie der Rettungs- und Brandbekämpfungsphase, da sie unterschiedliche Strömungsverhältnisse für die Rauchabfuhr benötigen.
Während der Personenrettung soll die vorhandene Luft-/Rauchschichtung möglichst lange erhalten bleiben; deshalb wird eine kleine Luftgeschwindigkeit ohne Strömungsumkehr angestrebt. Während der Brandbekämpfung soll der Feuerwehr der einseitige Zugang zum Brandherd ermöglicht werden. Dafür notwendig ist eine „kritische Strömungsgeschwindigkeit“, d.??h. eine Mindestgeschwindigkeit der Luft im Tunnel, die so hoch sein muss, dass ein Rückströmen des Rauchs in keinem Fall erfolgen kann.
Um diese Anforderungen zu erfüllen, sind die genaue Messung von Strömungsgeschwindigkeit und Richtung sowie die zuverlässige Ansteuerung von Rauchklappen und Gebläsen zur Rauchabsaugung erforderlich. Dazu bedarf es geeigneter Sensorik, wie etwa den Vortex-Zwillingsströmungssensor VAR TwinPipe.
Ideal für den Tunneleinsatz
Die Zwillingsströmungssensoren besitzen keine bewegten Teile; sie sind robust und unempfindlich gegen Verschmutzung. Feuchte und Staub können den Höntzsch-Sensoren praktisch nichts anhaben, so dass ein jahrelanger, wartungsfreier Betrieb gewährleistet ist. Außerdem erfasst dieser Sensor Luftströme nicht nur bei sehr kleinen Strömungsgeschwindigkeiten, sondern er zeigt auch die Strömungsrichtung an. Dies verhindert im Brandfall den Aufbau verhängnisvoller Luftströmung in die falsche Richtung.
Der Messbereich für Luft/Gase liegt zwischen ±0,4 bis ±25??m/s. Die Sensoren entsprechen IP68 und sind für den Einbau in Tunneln bestens gerüstet: Sensorgehäuse und Zwillingsrohr bestehen aus Edelstahl, weitere medienberührte Werkstoffe sind Keramik sowie Dichtungsteile aus Silikon. Das Anschlussgehäuse mit integriertem Messumformer ist aus Aluminium und korrosionsschutzlackiert. Es entspricht der Schutzart IP67 und benötigt eine 24 VDC Versorgung. Das Messsystem hat einen 4 bis 20??mA Strömungsausgang und einen max. 300??mA Relaisausgang. Die VAR Twinpipes sind im Dauerbetrieb temperaturbeständig von –40??°C bis +80??°C. Mit einer Baulänge von nur ca. 500??mm für das Zwillingsrohr und 240 x 120 x 100??mm (L/B/H) für das Anschlussgehäuse mit integriertem Messumformer lässt sich das kompakte Messsystem leicht in den Tunnelröhren unterbringen.
Die Baugröße der TwinPipes gefiel der SNCB, genauer der Infrabel als Verwaltungsgesellschaft für die belgische Bahninfrastruktur, besonders. Denn der Platz für die Kapazitätserweiterung des Bahnhofs war knapp. Auf mehreren Ebenen wurden unterirdische Gleisverbindungen gebaut. Darunter der mit bis zu 90??km/h befahrbare 1200??m lange zweiröhrige Tunnel, der den Centraal-Bahnhof von Antwerpen unterquert und den Reisenden der Züge auf dem Weg von Brüssel nach Amsterdam den Zeitverlust durch das bislang notwendige Umkuppeln der Zugmaschinen erspart. Die Vortex-Sensoren ersparen umgekehrt der belgischen Bahn Ausfallrisiken des Brandschutz-Sicherheitssystems. Die Züge passieren den Tunnel mit denkbar geringem Deckenabstand und verursachen bei der Durchfahrt direkt an der Messstelle heftige Druckstöße. Die mittels Ultraschall messenden TwinPipe Vortex-Sensoren halten diesen Betriebsbedingungen stand.