Spezialtiefbau für die Umfahrung Schwarzkopftunnel

Zwischen Würzburg und Frankfurt lässt die Deutsche Bahn einen Streckenabschnitt neu bauen, der die Passage durch den Schwarzkopftunnel ersetzen soll. Zum einen genügt der über 160 Jahre alte Tunnel nicht mehr den heutigen Anforderungen; Personenzüge können den Tunnel nur mit einer gedrosselten Höchstgeschwindigkeit passieren. Schwere Güterzüge hingegen benötigen  aufgrund der starken Steigung zusätzliche Schublokomotiven. Die Bauer Spezialtiefbau GmbH führte in einer Arbeitsgemeinschaft alle erforderlichen Spezialtiefbauarbeiten aus, die nicht bergmännisch hergestellt werden konnten.


Die Ausbaustrecke (ABS) Hanau–Nantenbach ist Teil der Main-Spessart-Bahn zwischen Hanau und Würzburg. Die Strecke ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Betrieb und zählt zu den am stärksten frequentierten Trassen im Netz der Deutschen Bahn. Als eine zentrale Achse des Fern- und Güterverkehrs verbindet die Strecke die Wirtschaftszentren des Rhein-Main-Gebietes mit Würzburg und der Region Franken. Kernmaßnahme des Projekts ist die Umfahrung des 1854 in Betrieb genommenen Schwarzkopftunnels zwischen Laufach und Heigenbrücken.

Für die Umfahrung des Schwarzkopftunnels werden im Zuge der Ausbaustrecke Hanau–Nantenbach vier neue Tunnel errichtet. Der 2600 m lange Tunnel Falkenberg wird den Schwarzkopftunnel ersetzen, die drei weiteren Tunnel Hain, Metzberg und Hirschberg sind eine Neukonzeption und sorgen für eine künftig flachere Steigung (Bild 2).

Die Bauer Spezialtiefbau GmbH führte zusammen mit der Bauer-Tochter SPESA Spezialbau und Sanierung GmbH in einer Arbeitsgemeinschaft mit den Firmen Alfred Kunz Untertagebau, Baresel GmbH, Schälerbau Berlin und der Leonhard Weiss GmbH & Co. KG diejenigen umfangreichen Spezialtiefbauarbeiten aus, die nicht bergmännisch hergestellt wurden: Die Baugruben für die offenen Tunnelabschnitte wurden mit Pfahlwänden, Nagel- und Verbauwänden gesichert, außerdem wurde für die Bahndämme der neuen Zugtrasse eine umfassende Pfahlgründung im Schneckenortbeton-Verfahren (SOB-Verfahren) ausgeführt. Hinzu kamen Bodenvernagelungen auf einer Länge von 550 m entlang der Bestandsgleise sowie Aussteifungen und temporäre sowie dauerhafte Verankerungen. Die Herstellung der bis zu 25 m langen Pfähle erfolgte im harten Diorit, in Gneis und Buntsandstein, wobei die Einbindetiefe in den sehr harten Fels bis zu 10 m beträgt. Dieser Fels hat Festigkeiten von etwa 100 bis maximal 270 MPa. Für diese anspruchsvollen Bohrungen kamen zwei Drehbohrgeräte BAUER BG 40, zwei BG 28 und eine BG 20, fünf Ankerbohrgeräte und einige Nagelbohr- und Spritzbetongeräte zum Einsatz.

Um die bergmännischen Arbeiten der Tunnelherstellung vorzubereiten, wurden für die Tunnelportale Portalbaugruben und Spritzbetonwände mit einer Höhe von bis zu 30 m erstellt. Diese Arbeiten führte neben der Bauer Spezialtiefbau GmbH überwiegend die Bauer-Tochter SPESA Spezialbau und Sanierung GmbH aus. Vor allem Verbau mit Spritzbetonausfachung und Böschungssicherung mit Spritzbeton und Bodennägeln waren abzuwickeln. Alle Spritzbetonarbeiten wurden im Nassspritzverfahren mit Manipulator und verschiedenen Trägergeräten wie Teleskopstapler oder Bagger ausgeführt. Für die Boden- und Felsnägel wurden Kleinbohrgeräte und Bagger mit Anbaulafetten eingesetzt. Gebohrt wurde, je nach Untergrund und Nageltyp, mit hydraulischem Außenhammer oder Imlochhammer.

Zusammenfassend wurden folgende Spezialtiefbauarbeiten ausgeführt:

·52 000 m² Trägerverbau mit Holz/Betonausfachung,

·95 000 m Temporäranker, Daueranker und GEWI-Anker,

·35 000 m² Pfahlwände mit 900, 1200 und 1500 mm Pfahldurchmesser,

·40 000 m Pfahlgründungen im Schneckenortbeton-Verfahren (SOB-Verfahren) mit Pfahldurchmessern von bis zu 750 mm,

·4000 m Rüttelstopfverdichtung,

·32 000 m² Bodenverankerung mit Spritzbetonwänden,

·3000 m² Spundwandeinbau.

 

Insgesamt wurden 11 000 t Bewehrung eingebaut.

 

Bodenvernagelung im Bereich „Tunnel Hain“

Die Ausschreibung sah auf einer Länge von 750 m die Erstellung von Pfahlwänden mit zwei Steifenlagen als Baugrubensicherung vor. Aufgrund eines Nebenangebots wurde jedoch die Leistung dahingehend geändert, dass entsprechend der Ausschreibung nur noch auf einer Länge von 220 m eine tangierende Pfahlwand mit einem Pfahldurchmesser von 1200 mm, einer Pfahllänge von bis zu 22 m und zwei Steifenlagen herzustellen war. Die verbleibenden 530 m Streckenlänge wurden als geböschte Baugrube bestehend aus Nagelwand (Gleisseite) und Böschung auf der Bergseite (40-45 Grad Neigung) ausgeführt (Bild 3). Die Nagelwand mit einer Höhe von bis zu 16 m erforderte den Einbau von bis zu zehn Nagelreihen und einer Nagellänge von bis zu 12 m. Der Spritzbeton musste mit einer Dicke von 15 bis 20 cm eingebracht werden.

 

Planung der Bodenvernagelung

Die Dimensionierung der Bodenvernagelung erfolgte mithilfe eines 2D FE-Modells (Bild 4). Grundlage für die Modellbildung waren die Angaben des Baugrundgutachtens und die Berechnungsparameter von Prof. von Wolfersdorff. Die zu berücksichtigenden Lastannahmen wurden entsprechend den einschlägigen Anforderungen der Deutschen Bahn AG angesetzt. Auf Grundlage der Planungsergebnisse wurden Grenzwerte für die Verformung der Wand und des bestehenden Gleiskörpers festgelegt (Warn- und Alarmwerte). Für die Überwachung wurde entsprechend der Normung die Beobachtungsmethode angewendet, wobei entsprechende Messspiegel in einem Abstand von 10 m angebracht wurden. Die geodätische Überwachung erfolgte in sensiblen Bereichen täglich und in weniger sensiblen Bereichen wöchentlich.

 

Ausführung der Bodenvernagelung

Bei der Bodenvernagelung wird eine stabförmige Bewehrung, der sogenannte Bodennagel, in den gewachsenen Boden eingebaut. Hierdurch soll die Zugfestigkeit und die Scherfestigkeit des Bodenpakets erhöht werden. Auf diese Weise entsteht ein Verbundkörper, der in seinem Tragverhalten dem einer Schwergewichtsmauer gleicht. Zur Herstellung einer Bodenvernagelung wird zunächst die erste Bodenlage ausgehoben, darauf folgend wird die Spritzbetonhaut mit einer Bewehrung aufgebracht. Anschließend erfolgt der Einbau der Bodennägel. Die Bohrungen der Bodennägel werden mit Zementmörtel verpresst. Die Bodennägel werden kraftschlüssig, aber ohne Vorspannung, mit der Spritzbetonhaut verbunden. Anschließend folgt die nächste Aushublage. Bild 5 zeigt die Herstellung der Bodenvernagelung mit Spritzbetonhaut für den Tunnel Hain. Die Bohrungen wurden mit einem Lafettenbohrgerät ausgeführt. Die Nagellänge beträgt bis zu 12 m. Gemäß Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik wurden an 95 Bodennägeln Probebelastungen bis zum Zweifachen der Gebrauchslast (320 kN Prüflast) durchgeführt (Bild 6).

 

Trogerstellung am Beispiel „Trog Aussiedlerweg“

Im Bereich des Bauwerks „Trog Aussiedlerweg“ liegt das Gelände bis zu 10,6 m über der geplanten neuen Bahntrasse, sodass der Bau einer Stützwand für den Einschnitt in das Gelände für die gesamte Länge von 380 m erforderlich wurde. Gemäß Ausschreibung und Beauftragung war für den Trog eine überschnittene Pfahlwand mit einem Pfahldurchmesser von 1200 mm herzustellen, die zweifach, teilweise auch dreifach rückzuverankern war. Die Pfahllänge beträgt bis zu 18 m. Die Ausführung der Pfahlarbeiten erfolgte im Zeitraum vom 1. Mai bis 30. Oktober 2014. Zur Herstellung der rückverankerten, überschnittenen Bohrpfahlwand wurden zwei BG 40 Drehbohrgeräte eingesetzt. Für die Bohrarbeiten zur Pfahlherstellung waren Bohrungen in Augengneis mit Festigkeiten von bis zu 80 kN/m² und einer Bodenklasse von sechs und sieben auszuführen. Anschließend erfolgte im Zeitraum von Oktober 2014 bis April 2015 die Ausführung der Ankerarbeiten. Die Rückverankerung der Pfahlwand wurde mit zwei Ankerbohrgeräten vom Typ Klemm KR 806 im Überlagerungsbohrverfahren mit Schnecke bzw. mit Imlochhammer ausgeführt. In diesem Bereich stand neben verwittertem Fels auch zum Teil sehr fester Fels an. Das Überlagerungsbohrverfahren für Ankerlochbohrungen kam auf fast der gesamten Baustelle zum Einsatz.

 

Letzte Rückbaumaßnahmen und Testbetrieb

Die wesentlichen Arbeiten von Bauer Spezialtiefbau wurden Ende des Jahres 2015 abgeschlossen. Bis voraussichtlich Mitte 2017 werden die noch notwendigen Rückbaumaßnahmen ausgeführt. Das im Jahr 2013 begonnene Bauprojekt befindet sich mit dem Innenausbau der vier Tunnelbauwerke im Endspurt. Das Projekt liegt dabei sowohl zeitlich als auch in Bezug auf die Kosten voll im Plan. 2016 konnte die Bahn die Rohbauarbeiten an den Tunneln abschließen und stellte die feste Fahrbahn fristgerecht fertig. Erste Testfahrten starten voraussichtlich im Mai 2017. Die Inbetriebnahme der Umfahrung ist Ende 2017 geplant.

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