STUVA: Bodenwarnleuchten an Gleisquerungen der Stadtbahn in Köln ohne Wirkung – Invertierte Signalschablonen mit positivem Einfluss auf Rotläuferverhalten
LED-Warnleuchten an drei Gleisquerungen
Der Verkehrsausschuss der Stadt Köln hatte im September 2011 den Beschluss gefasst, durch einen Versuch mit Bodenwarnleuchten an Gleisquerungen zu überprüfen, ob durch den Einsatz dieser Elemente die Verkehrssicherheit erhöht werden kann. Auf der Grundlage des Beschlusses wurden in der zweiten Jahreshälfte 2014 an drei Gleisquerungen für Fußgänger und Radfahrer im Kölner Stadtbahnnetz testweise LED-Bodenwarnleuchten eingebaut. Diese in den Boden eingelassenen Lichter werden als zusätzliche technische Sicherung der Gleisquerung mit demselben Signalbild angesteuert, das auch die vorhandenen Lichtsignalanlagen anzeigen (rot/dunkel).
Die STUVA wurde von der Kölner Verkehrs-Betriebe AG mit der Durchführung der Untersuchung zur Wirksamkeit der Bodenwarnleuchten beauftragt und bei ihrer Arbeit vom Büro für Forschung, Evaluation und Entwicklung (bueffee GbR) aus Wuppertal unterstützt. Dazu wurden Vorher-Nachher-Vergleiche an zwei Untersuchungsorten (Maarweg und Weißhausstraße) durchgeführt. Diese umfassten Zählungen mit Verhaltensbeobachtungen der überquerenden Personen sowie Befragungen von Passanten und des Fahrpersonals. An einem dritten Standort (Stadtwaldgürtel) konnte in der Nacherhebung nur die Passantenbefragung durchgeführt werden. Dies war Änderungen an der technischen Sicherung geschuldet, die parallel zum Einbau der Bodenwarnleuchten durchgeführt worden waren. Eine möglicherweise beobachtete Verhaltensänderung wäre somit nicht mehr eindeutig auf die Bodenwarnleuchten zurückzuführen gewesen.
Verhaltensbeobachtung bei Passanten
Die Untersuchung zeigte, dass die Quote der bei Rotlicht die Gleise überquerenden Personen teilweise relativ hoch war (je nach Standort bis zu über 80 %). Die Bereitschaft für dieses verkehrswidrige Verhalten war alters- und geschlechtsabhängig. Jüngere Personen ignorierten das Rotlicht häufiger als ältere. Auch überquerten männliche Fußgänger oder Radfahrer die Gleise eher bei Rot als weibliche. Als häufigste Gründe für das Überqueren bei rotem Lichtsignal wurden Eile, der Wunsch, noch eine Bahn erreichen zu wollen oder als unkomfortabel empfundene Lichtsignalschaltungen genannt. Die Beobachtungen zeigten, dass der überwiegende Teil der Überquerungen bei Rot stattfand, nachdem eine Bahn die Überquerungsstelle passiert hatte (also hinter einer Bahn). Signaltechnisch bedingt leuchten die Lichtsignale nach der Durchfahrt der Stadtbahn noch einige Sekunden nach. Dies auch dann, wenn aus der Gegenrichtung keine Bahn kommt. Die Befragungen ergaben, dass das Sperrsignal in diesem Fall oftmals nicht mehr akzeptiert wurde, weil es nach persönlicher Einschätzung keinen Grund mehr gab, vor dem roten Lichtsignal zu warten.
Bodenwarnleuchten verringern nicht das objektive Unfallrisiko
In den Verkehrsbeobachtungen war an den beiden vollständig untersuchten Standorten keine Änderung des Verhaltens querender Personen bei Rotlicht zu erkennen. Am Maarweg blieb das Bild gegenüber der Vorerhebung praktisch unverändert; an der Weißhausstraße erhöhte sich der Anteil der Rotläufer in der Nacherhebung sogar noch leicht. Dieser Standort war vor allem durch „Mitläufereffekte“ gekennzeichnet: Startete eine Person eine Überquerung bei rotem Lichtsignal, folgte häufig ein ganzer Pulk nach.
In den Interviews äußerten einige Befragte, dass sich die Erkennbarkeit der Gleisquerung bzw. des angezeigten Rotsignals durch die Bodenwarnleuchten verbessert hätte. Die meisten Antworten bezogen sich auf Angaben über eine Veränderung des persönlichen Verkehrsverhaltens. So erklärten einige der Personen, dass sie bei Rotlicht nun eher stehen blieben. Der größere Teil gab jedoch an, zwar aufmerksamer geworden zu sein, aber dennoch bei rotem Lichtsignal die Gleise zu überqueren, wenn für sie nach persönlicher Einschätzung kein Grund zu warten erkennbar sei. Die subjektiven Aussagen der Befragten, dennoch bei Rot zu gehen, deckten sich mit den objektiven Beobachtungsergebnissen vor Ort, bei denen kein Rückgang der Rotläufer zu erkennen war.
Nach Einschätzung des Fahrpersonals war die Wirksamkeit der Bodenwarnleuchten bezogen auf eine Verringerung der Rotlichtquerungen eher gering. Es wurde lediglich in Einzelfällen von einer erhöhten Aufmerksamkeit bei einigen Gruppen, zum Beispiel jugendlichen Fußgängern, berichtet.
Einsatz invertierter Signalschablonen
Im Jahr 2015 traf die Stadt Köln die Entscheidung für einen Verkehrsversuch, bei dem die Lichtsignalanzeiger an Gleisquerungen mit invertierten Signalschablonen ausgerüstet werden. Durch das nun schwarze Sinnbild „Fußgänger“ auf rotem Grund erhöht sich der Anteil der rot leuchtenden Fläche je Lichtsignal. Von dieser Maßnahme verspricht man sich eine verbesserte Erkennbarkeit des Rotsignals und eine größere Aufmerksamkeit querender Fußgänger während der Sperrzeit.
Nach dem Abschluss der Wirksamkeitsanalyse der ursprünglichen Bodenwarnleuchten wurden die invertierten Signalschablonen am bereits untersuchten Standort Weißhausstraße eingesetzt. Anschließend wurde anhand von Beobachtungen und Passantenbefragungen eine zusätzliche Analyse der Wirksamkeit der modifizierten Boden-Lichtsignale durchgeführt.
Invertierte Signalschablonen erhöhen die Wartebereitschaft der Fußgänger
Nach dem zusätzlichen Austausch der Signalschablonen zeigte sich in der darauf folgenden Nachuntersuchung eine signifikant erhöhte Wartebereitschaft der Fußgänger bei rotem Lichtsignal (Reduktion von 86 % auf 58 % Rotläuferanteil). Dieser Rückgang war über alle Altersgruppen zu erkennen und zeigte sich vor allem in den Morgen- und Mittagsstunden. Zudem gab auch in der Befragung ein größerer Anteil an Personen an, nun eher am roten Lichtsignal zu warten.
Hier ist allerdings festzuhalten, dass die Nachuntersuchung lediglich an einem Standort erfolgte und die Ergebnisse bezüglich der Wirksamkeit der Signalschablonen bzw. der Kombination der beiden Maßnahmen somit nicht weiter verifiziert werden konnten. Zudem erfolgte die Untersuchung bereits rund einen Monat nach dem Austausch der Schablonen. Daher konnten mögliche Langzeiteffekte (die sich in der Wirkung abschwächend äußern können) nicht verfolgt werden.
Der Effekt wird jedoch als groß eingeschätzt. Selbst bei Annahme der genannten limitierenden Faktoren kann eine (wenn auch gegenüber der durchgeführten Beobachtung abgeschwächte) Wirkung vermutet werden. Aufgrund fehlender Vergleichsuntersuchungen durch Beobachtung konnte jedoch nicht klar erkannt werden, ob die Verhaltensänderungen ausschließlich auf die neuen Signalschablonen zurückzuführen waren.
Keine Empfehlung für Bodenwarnleuchten – positive Bewertung von invertierten Signalschablonen
Die Untersuchung zur Wirksamkeit der Bodenwarnleuchten in Köln zeigte, dass durch diese zusätzliche technische Sicherung die Akzeptanz des Rotlichts an den Gleisquerungen der Stadtbahn nicht verbessert werden kann. Es gab lediglich in der Befragung einige Hinweise darauf, dass sich die Aufmerksamkeit überquerender Personen durch die Bodenwarnleuchten erhöht. Dies äußerte sich vor allem in der Form, dass sich überquerende Personen (nach subjektiven Kriterien der Gefahreinschätzung) in einem höheren Maße vergewisserten, dass sie trotz Rotlicht die Gleise überqueren können. Das in den Erhebungen teils in hohem Maße beobachtete regelwidrige Verhalten wurde somit nicht wirksam eingeschränkt und das Risiko daraus möglicherweise folgender kritischer Situationen an den Gleisquerungen konnte entsprechend nicht verringert werden. Dies bestätigte sich durch die Verkehrsbeobachtungen nach dem Einbau der Bodenwarnleuchten.
Die Untersuchung der Wirksamkeit der invertierten Signalschablonen ließ demgegenüber erkennen, dass sich durch diese Modifikation der technischen Sicherung eine Änderung des Verhaltens bei rotem Lichtsignal herbeiführen lässt. Der Anteil der Rotläufer am untersuchten Standort, der zuvor durch eine sehr geringe Rotlichtakzeptanz gekennzeichnet war, verringerte sich signifikant. Die Analyse durch Beobachtung wurde allerdings nur an einem einzigen Standort durchgeführt, an dem zuvor die alleinige Wirkung der Bodenwarnleuchten überprüft worden war.
Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse konnte der Einsatz der Bodenwarnleuchten in Köln als Element zur Verringerung der Rotläufer an den Gleisquerungen nicht empfohlen werden. Der Einsatz invertierter Signalschablonen scheint demgegenüber eine effektive Lösung zu sein, die Verkehrssicherheit an den Gleisquerungen der Stadtbahn in Köln zu erhöhen, da der Anteil der Rotläufer und damit die Gefahr kritischer Interaktionen an den Gleisquerungen deutlich reduziert wurde.
Ergebnisse der Untersuchungen fließen in neues Forschungsvorhaben ein
Die Ergebnisse der Untersuchungen finden Eingang in ein Forschungsvorhaben „Verkehrssicherheit von Überquerungsstellen für Fußgänger und Radfahrer über Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken“ (FE 82.0613/2014). Dieses Vorhaben wurde von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) veranlasst und wird derzeit von der STUVA federführend bearbeitetet. Auf Basis einer bundesweiten Analyse der Unfälle an Gleisquerungen, der in der Praxis umgesetzten Bauformen sowie der baulichen und technischen Sicherungen sollen im Rahmen des Forschungsvorhabens Praxisempfehlungen und Vorschläge für die Anpassung der Entwurfsregelwerke erarbeitet werden. Die Fertigstellung ist für Herbst 2017 vorgesehen.