Kombilösung Karlsruhe mit dem STUVA-Preis 2021 ausgezeichnet
Mit dem STUVA-Preis 2021 wurden die Kombilösung Karlsruhe und das damit verbundene ÖPNV-Gesamtkonzept der Stadt ausgezeichnet. Dr. Alexander Pischon, Vorsitzender der Geschäftsführung der Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH (VBK), und Frank Nenninger, Technischer Geschäftsführer Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH (KASIG), nahmen den Preis vom STUVA-Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr.-Ing. Martin Ziegler und STUVA-Geschäftsführer Prof. Dr.-Ing. Roland Leucker entgegen (Foto, von rechts).
Die Preisvergabe erfolgte zum einen an das Neubauprojekt „Kombilösung Karlsruhe“ mit dem Stadtbahn- und Straßentunnel, und zum anderen aber auch an das „Karlsruher Modell“ insgesamt. Dieses ermöglicht durch den Übergang von innerstädtischen Stadtbahnen auf regionale Eisenbahnstrecken (Zweisystemtechnik) umsteigefreie Direktverbindungen in das Umland.
Seinen Ursprung hat das „Karlsruher Modell“ bereits in den 1980er Jahren. Zu Grunde lag dabei das Vorhaben, dass Fahrten von der Stadt Karlsruhe in das Umland ohne Umstiege möglich sein sollten. Auf diese Weise sollte der ÖPNV in der Region wieder attraktiver werden. Für die Umsetzung dieses Vorhabens war jedoch die Mitnutzung des Schienennetzes der Bundeseisenbahn, heute Deutsche Bahn AG, im Umland durch Straßenbahnen notwendig. Dies erforderte die Konstruktion eines Wagens, der sowohl im innerstädtischen Stromnetz als auch auf den Bundeseisenbahnschienen im Umland einsatzfähig ist. Die letztendliche Umsetzung des „Karlsruher Modells“ erfolgte am 25. September 1992 mit der Inbetriebnahme und dem Dauerbetrieb der Stadtbahnstrecke Karlsruhe–Bretten.
Heute sind Städte wie Baden-Baden, Pforzheim, Rastatt, Freudenstadt und Bad Wildbad im Schwarzwald sowie die Bahnlinien in die Pfalz über Wörth bis nach Germersheim direkt mit der Karlsruher Innenstadt verbunden. Auch die Ortenau ist mit der Karlsruher Stadtbahn inzwischen zu erreichen. Seit 2004 fährt die verlängerte Linie S4 von Karlsruhe bis nach Achern. Die Fahrgastzahlen sind seit der Einführung des „Karlsruher Modells“ um 70 % von 100 Millionen auf inzwischen 170 Millionen gestiegen. Seit Mitte der 1990er Jahre wurde das Stadtbahnnetz stetig durch die weitere Nutzung von Eisenbahnstrecken in der Region rund um Karlsruhe ausgebaut.
Dadurch wiederum geriet das Bestandsnetz im Innenstadtbereich und insbesondere in der Ost-West-Hauptverkehrsachse Kaiserstraße an seine Kapazitätsgrenze. Um die Leistungsfähigkeit des schienengebundenen ÖPNV wieder zu erhöhen und auch zukunftssicher zu machen, beschloss die Stadt Karlsruhe nach vorherigem positivem Bürgerentscheid die „Kombilösung“.
Der Stadtbahn- und Straßenbahntunnel, das Teilprojekt 1, verläuft unter den beiden wichtigsten Achsen der Karlsruher Innenstadt. Die Herstellung des Bahntunnels erfolgte maschinell mit einer Tunnelvortriebsmaschine und teilweise auch bergmännisch unter Druckluft sowie in offener Bauweise. Der Tunnel verbindet in West-Ost-Richtung auf einer Länge von rund 2,4 km die vier neuen unterirdischen Haltestellen Europaplatz, Lammstraße (mit der Inbetriebnahme wird sie Marktplatz (Kaiserstraße) heißen), Kronenplatz, Durlacher Tor und in einer etwa einen Kilometer langen Nord-Süd-Röhre die drei künftigen unterirdischen Haltestellen Marktplatz (künftig Marktplatz (Pyramide)), Ettlinger Tor und Kongresszentrum. Die sieben neuen Haltestellen wurden in Deckelbauweise errichtet und sind möglichst oberflächennah angeordnet.
In der Kriegsstraße entsteht als Teilprojekt 2 unter einer neuen Straßenbahntrasse auch ein neuer Autotunnel in offener Tunnelbauweise. Dieser ist 1,6 km lang, beginnt westlich des Karlstors und endet im Osten im Bereich des Knotens Kriegsstraße/Ostendstraße. Mit dem Straßentunnel wird sich ein Teil des Autoverkehrs nach unten verlagern. Das schafft oberirdisch Platz für die neue Straßenbahntrasse mit drei neuen oberirdischen Haltestellen.
Karlsruhe ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie eine Straßenbahn durch erfolgreichen ÖPNV-Ausbau und Betrieb die Grenzen ihres Leistungsvermögens erreichen kann. Durch äußerst erfolgreiche Nachfragesteigerungen fuhr zum Schluss Straßenbahn an Straßenbahn durch die Fußgängerzone. Dies führte zu einer hohen Trennwirkung und geringer Aufenthaltsqualität. Die kurz vor ihrer Vollendung stehende Kombilösung gibt die Karlsruher Innenstadt wieder den Menschen zurück und wurde deshalb mit dem STUVA-Preis 2021 ausgezeichnet.