ITA Tunnelling Awards 2018

Die vierte Verleihung der ITA Tunnelling Awards fand während der CTUC Konferenz am 7. November 2018 im chinesischen Chuzhou statt. „Die ITA Tunnelling Awards 2018 ist eine einzigartige Veranstaltung, bei der in jedem Jahr herausragende Leistungen in der Tunnelbranche gewürdigt werden, dazu zählen beeindruckende Projekte, technische Innovationen, innovative Untertage-Nutzungskonzepte, Sicherheitsinitiativen sowie Tunnelbauer, die als exzellente Nachwuchstalente gelten oder die für ihr Lebenswerk ausgezeichnet werden“, sagt Jenny Jinxiu Yan, Vizepräsidentin der ITA und Vorsitzende des Komitees der ITA Tunnelling Awards 2018, in ihrer Begrüßungsrede vor der Bekanntgabe der Gewinner.

In seiner Eröffnungsansprache betonte der ITA-Präsident Tarcisio Celestino die Bedeutung dieser Veranstaltung: „Für die Tunnelbaubranche ist es eine glückliche Fügung, dass das weltweit wichtigste Event, mit dem Spitzenleistung gefeiert wird, in genau dem Land stattfindet, das den größten Markt dafür besitzt. Die Bedeutung von China für unsere Branche bemisst sich nicht nur in der Größe des Marktes, sondern auch in den vielen hier entwickelte Neuerungen, die den Stand der Technik immer weiter verbessert haben.“

Insgesamt wurden 68 Beiträge aus 20 Ländern eingereicht, und 27 Finalisten durften ihre Projekte einer 16-köpfigen Jury sowie den 290 Konferenzteilnehmern präsentieren.

 

Nachwuchstunnelbauer des Jahres

Diese Auszeichnung wurde Giuseppe M. Gaspari verliehen, der aus einer Gruppe von sieben vielversprechenden Jung­ingenieuren aus der ganzen Welt ausgewählt wurde. Er ist Bauingenieur, besitzt einen Master in Geotechnik und hat ein Master-Aufbaustudium über Tunnelbau und TBM abgeschlossen. Gaspari ist aktuell als stellvertretender Projektmanager am West Vaughan Sewage Servicing Project beteiligt, einem 14 km langen Tunnel mit neun Schächten im Großraum Toronto, Kanada, und ist als leitender Konstrukteur für den Suffolk Outfall in New York, USA, verantwortlich. Seine berufliche Laufbahn startete Giuseppe Gaspari im Kompetenzzentrum Geodata Engineering in Turin, Italien.

 

Auszeichnung für das Lebenswerk

Für seine herausragenden Leistungen im Tunnelbau erhielt Prof. Evert Hoek den ITA Lifetime Achievement Award 2018. Er wurde in Simbabwe geboren und studierte Maschinenbau an der Universität von Kapstadt. Hoek vertiefte sich in die damals noch junge Wissenschaft der Felsmechanik, als er 1958 in sehr tiefen südafrikanischen Minen die Mechanismen des Sprödbruchs im Zusammenhang mit Gebirgsschlägen erforschte. An der Universität Kapstadt erwarb er einen Doktortitel, von der University of London erhielt er einen Doktor der Ingenieurswissenschaften DSc (Eng) und die kanadischen Universitäten Waterloo und Toronto verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. Hoek wurde zum Fellow of the Royal Academy of Engineering in Großbritannien, zum Foreign Associate der US-amerikanischen National Academy of Engineering und zum Fellow of the Canadian Academy of Engineering ernannt. In seiner Laufbahn hat er über 100 Arbeiten und drei Bücher veröffentlicht.

Als Berater zu Themen wie Felsböschungen, Dammgründungen, Wasserkraftgewinnung, Kavernen und dem konventionellen oder maschinellen Tunnelvortrieb war Hoek an vielen großen Ingenieur- und Bergbauprojekten in 35 Ländern beteiligt.

 

Technische Projektinnovation

Als beste technische Innovation wurde ein Projekt mit dem Titel „Erstmals in China angewendetes mechanisches Tunnelvortriebs­verfahren durch Lösssedimente mit einer großen hufeisenförmigen EPB-TBM“ ausgezeichnet. Im Zuge dieses Projekts wurde die erste hufeisenförmige EPB-TBM mit mehreren Bohrköpfen entwi­ckelt, die dann auf der Menghua-Bahnstrecke beim Durchörtern der Lössschichten für den Baicheng Tunnel erfolgreich eingesetzt wurde. Das Projekt ist ein Meilenstein für den Bau nicht kreisförmiger Tunnelquerschnitte mit vollflächigem mechanischem Ausbruch und erweitert das Anwendungsfeld von EPB-TBM.

 

Projekt des Jahres einschließlich
Sanierungen (bis 50 Millionen Euro)

Der Zarbalizadeh-Tunnel im Iran, der in einem sehr geringen Abstand unterhalb in Betrieb befindlicher Bahntrassen verläuft, gewann den ITA Award für das Projekt des Jahres einschließlich Sanierungen bis 50 Mio. Euro. Der 105 m lange, in neuer
österreichischer Tunnelbauweise errichtete Stadttunnel befindet sich im Süden von Teheran, weist eine durchschnittliche
Überdeckung von 3 m auf und besitzt eine Aushubbreite von 14 m sowie eine Höhe von 11,5 m. Der Tunnel kreuzt die U-Bahnlinie 1
von Teheran, die täglich 550 000 Pendler befördert, und die Nord-Süd-Bahntrasse, auf der jeden Tag 40 000 Reisende und mehrere hundert Tonnen Güter transportiert werden. Aufgrund der Besonderheiten bei Konstruktion und Implementierung dieses Untertageprojekts kamen ein spezielles Verfahren zur Vorverdichtung sowie ein mehrstufiger Ausbruch zum Einsatz.

 

Innovatives Untertageraumkonzept

Das Norwegische Gebirgssprengungsmuseum wurde für sein innovatives Untertageraumkonzept ausgezeichnet. Es führt den Besucher durch einen 240 m langen, halbrunden Tunnel, in dem die Geschichte des norwegischen Tunnelbaus dargestellt wird. Im Tunnel selbst sowie auf der Freifläche sind hunderte Exponate ausgestellt, die den manuellen Aushub ohne Sprengstoffe bis hin zum maschinellen Tunnelbau in der heutigen Zeit erläutern. Das Museum möchte das einzigartige kulturelle Erbe aus der Geschichte des Tunnelbaus und der Felssprengung bewahren und präsentieren. Eigentümerin und Betreiberin dieses Museums ist die norwegische Straßenbaubehörde.

 

Sicherheitsinitiative des Jahres

Roby 850, ein halbautomatischer Bohrroboter aus Hongkong, China, erhielt die Auszeichnung als Sicherheitsinitiative des Jahres 2018. In längeren und größeren Tunneln müssen die Bauarbeiter immer häufiger elektrische und mechanische Systeme integrieren, insbesondere müssen Bohranker eingebaut und dauerhafte Aufnahmen für Leitungen, wie Konsolen und Wannen, installiert werden. In der bisherigen Praxis, bei der mittels Handgeräten Löcher gebohrt und Anker eingebaut wurden, bestand für die Arbeiter häufig die Gefahr, aus großer Höhe abzustürzen, von herabfallenden Gegenständen getroffen zu werden, sich Gelenk- oder Muskelschäden zuzuziehen, den Bohrer falsch zu bedienen oder gefährliche Stäube einzuatmen. Der Roby 850 wurde von Bouygues/Dragages aus Hongkong entwickelt, um die Produktivität zu steigern und solche Gesundheits- und Sicherheitsrisiken zu beseitigen.

 

Technische Produkt-/Ausrüstungs­innovation

Der ITA Award für das technische Produkt des Jahres wurde dem multifunktionalen, Energie speichernden und fluoreszierenden Material LUMA aus China für dessen nachhaltige und stromsparende Tunnelbeleuchtung verliehen. LUMA wurde bereits in diverse Produkte integriert, darunter Tunnelbeschichtungsstoffe, Straßenmarkierungen und Beschilderungen in Tunneln. Das Material vermindert die Verschmutzung der Tunnelwände durch Fahrzeugabgase, erhöht die Sicht und die Luftqualität im Tunnel und beleuchtet die Fluchtwege im Falle von Unfällen.

 

Projekt des Jahres zwischen 50 und
500 Millonen Euro

Mit dem ITA Award für das Projekt des Jahres mit einem Investitionsvolumen zwischen 50 und 500 Mio. Euro wurde der Queershan Tunnel auf der chinesischen Staatsstraße 317 ausgezeichnet. In einer Höhe von 4378 m gelegen, ist der 7 km lange Haupttunnel mit parallelem Pilottunnel der am höchsten gelegenen lange Straßentunnel der Welt. Erstmals fand hier das Planungskonzept „Wetterrouting“ Verwendung, das neue Ideen für die Streckenführung von Tunneln in großen Höhen und kalten Gegenden umfasst. Durch systematische Forschung und Maßnahmen zum Frostschutz, zur Belüftung, zur Sauerstoffversorgung und Nutzung heißer Quellen konnten die gesteckten Ziele erreicht werden, eines davon war die Vermeidung jeglicher Unfälle und Todesfälle während des Tunnelbaus und das andere der reibungs­lose, sichere Tunnelbetrieb nach Abschluss der Bauarbeiten. Die Risiken der einst „gefährlichsten Straße in China“ wurden damit drastisch minimiert. Es wurde ein Komplettpaket bestehend aus Vermessungstechniken im Hochgebirge, Planungs- und Bautechnologien entwickelt, das aufgrund seines dortigen Erfolgs beim Bau vieler ähnlicher Tunnel erneut Anwendung fand.

 

Projekt des Jahres über 500 Millionen Euro

Der Absenktunnel aus dem Brückenbauprojekt, das Hongkong, Zhuhai und Macao verbindet, wurde zum Projekt des Jahres mit einem Investitionsvolumen über 500 Mio. Euro gekürt. Er ist 6,7 km lang und besteht aus 33 Elementen (28 geraden und 5 gekrümmten). In diesem Projekt wurde der erste Absenktunnel Chinas erstellt. Er ist zudem der längste Straßentunnel dieser Bauart und gehört zu den tiefsten Absenktunneln der Welt. Für die chinesischen Ingenieure war es ein enormer Erfolg, ein solches Projekt mit neuen Materialien, neuen Geräten und neuer Vortriebstechnik in nur 7 Jahren abschließen zu können.

 

ITA Tunnelling Awards 2019 in Miami

Die nächste Konferenz mit Verleihung der ITA Tunnelling Awards 2019 wird am 18. November 2019 in Miami, USA, stattfinden.

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