Bahnprojekt Stuttgart–Ulm: Fortschritte der Tunnelbauprojekte
Bahn schlägt von Süden her mit erster Tunnelröhre zum Hauptbahnhof durch
Nächster Durchschlag beim Projekt Stuttgart 21: Am 11. Februar 2020 ist der Tunnelvortrieb von Süden her am künftigen Stuttgarter Hauptbahnhof angekommen. Die Mineure haben nach knapp 15 Monaten Vortrieb unter Tage am 11. Februar 2020, mit der ersten von zwei Röhren des Fildertunnels den Südkopf des Durchgangsbahnhof erreicht.
Zusammen mit dem Tunnelportal am Kriegsberg im Norden der neuen Bahnsteighalle ist der künftige Hauptbahnhof jetzt bereits über drei von vier Tunnelröhren zu erreichen. Mit dem Durchschlag ist erstmals eine durchgängige Verbindung sowohl zur Filderebene im Süden der Landeshauptstadt als auch zur bestehenden Bahntrasse im nördlich gelegenen Neckartal geschaffen.
„Die Vortriebe im großen Ausbruchsquerschnitt laufen wesentlich schneller als vorausgesehen. Es ist eine hervorragende Leistung der Mineure, Ingenieure und beteiligten Gutachter. Wir sind stolz auf das Erreichte“, sagte Günter Osthoff, der verantwortliche Projektleiter der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH für die Planfeststellungsabschnitte 1.2 und 1.6a.
Durchschlag der zweiten Röhre voraussichtlich im Frühjahr
Aufgrund der Gesteinsbeschaffenheit brechen überwiegend Bagger die Tunnel im sogenannten Anfahrbereich Süd zum künftigen Hauptbahnhof aus. Das Teilstück besteht aus zwei rund 230 m langen, zweigleisigen Röhren. Der Ausbruchquerschnitt als Maulprofil beträgt in der Höhe 18 m sowie in der Breite knapp 20 m und wird im Vollausbruch hergestellt. Die Überdeckung zwischen Tunnelfirste und dem Gründungsniveau der Bebauung im Kernerviertel nimmt dabei von 47 m auf etwa 8 m ab.
Der Anfahrbereich Süd bildet den letzten Abschnitt des 9,5 km langen, mit einer Tunnelvortriebsmaschine aufgefahrenen Fildertunnels. Dieser ist im Stuttgarter Talkessel nicht nur an den künftigen Hauptbahnhof angeschlossen, sondern auch mit dem konventionell vorgetriebenen Tunnel Obertürkheim in Richtung Neckartal verbunden. Der Durchschlag der zweiten Röhre, in der noch 67 m Vortrieb zu leisten sind, soll im Frühjahr 2020 erfolgen.
Zweiter Tunneldurchschlag in Untertürkheim
Rund einen Monat nach dem erfolgreichen Durchschlag der ersten Röhre des Tunnels Untertürkheim waren die Mineure am 16. Dezember 2019 auch mit der zweiten Röhre im Neckartal ins Freie gelangt. Die Tunnel Obertürkheim und der 1080 m lange Ast nach Untertürkheim verbinden im Zuge der Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart den künftigen Hauptbahnhof mit dem Neckartal. Der Durchschlag in Untertürkheim gelang trotz zahlreicher technischer und geologischer Herausforderungen früher als erwartet. Innerhalb der zwei Jahre Vortrieb Richtung Untertürkheim haben die Tunnelbauer der Arbeitsgemeinschaft ATCOST 21 unter anderem jeweils zweimal erfolgreich den Neckar und den Kraftwerkskanal unterfahren sowie fünf bestehende Bahngleise im Betrieb.
Tunnel Denkendorf: Autobahn zurückverlegt
Mitte Dezember 2019 war der Bau des Tunnels Denkendorf weitestgehend abgeschlossen. Durch den Tunnel wird künftig die Neubaustrecke Stuttgart–Ulm bei Denkendorf unter der Autobahn A8 hindurchführen. In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 2019 wurde die Autobahnüber dem Tunnel in ihre Ausgangslage zurückgelegt.
Der Bau des 768 m langen Tunnels im Bereich der Tank-und Rastanlage Denkendorf hatte im August 2015 begonnen. Der Tunnel wurde in offener Bauweise gebaut; dafür waren die Fahrspuren der Autobahn A8 mehrfach verlegt worden. Während der gesamten Bauzeit konnte die Anzahl der Fahrstreifen auf der Autobahn aufrechterhalten werden.
S-Bahn-Tunnel unter dem Rosensteinpark
Bereits Ende November 2019 hatte die Deutsche Bahn beim Projekt Stuttgart 21 nach fünf Monaten den zweigleisigen Teil des S-Bahn-Tunnels Rosenstein fertig vorgetrieben. Der S-Bahn-Tunnel Rosenstein wird nach seiner Fertigstellung 1170 m lang sein. Vom Rosensteinportal aus wurde der rund 520 m lange zweigleisige Teil der Röhre aufgefahren. Ein weiterer Vortrieb erfolgt vom Zwischenangriff Abstellbahnhof. Direkt neben dem S-Bahn-Tunnel wurde am Rosensteinhang seit Dezember 2018 parallel der zweigleisige Teil des Fernbahntunnels gebaut. Dort ist der Vortrieb seit Oktober 2019 abgeschlossen.
Für den Bau des Tunnels vom Neckarufer aus mussten im Februar 2018 sechs Bäume gefällt werden, auf denen der streng geschützte Juchtenkäfer vermutet wurde. Dafür hatte die Deutsche Bahn im August 2015 eine Planänderung beim Eisenbahn-Bundesamt beantragen müssen. Im Zuge des Verfahrens war schließlich die Zustimmung der EU-Kommission erforderlich, die im Januar 2018 erfolgte – zweieinhalb Jahre nach Beantragung der Planänderung. Infolge dieses Verfahrens verzögerte sich auch der Bau des S-Bahn-Tunnels Rosenstein.