Einflüsse auf Tübbingschäden
Schäden an Tübbingen sind oftmals mit zeitaufwendigen und dementsprechend auch kostenintensiven Reparaturarbeiten verbunden. Diese Reparaturen behindern den Arbeitsablauf und haben negative Auswirkungen auf das Projektergebnis. Die Auswirkungen können reduziert werden, wenn die einzelnen Einflüsse auf Tübbingschäden erkannt und somit auch vermieden werden.
1 Einleitung
Tübbinge stellen für das fertige Bauwerk im maschinellen Tunnelbau die tragende Konstruktion dar. Daraus resultieren hohe Anforderungen sowohl an die Fertigung als auch an den Transport und den Einbau der Tübbinge. Die Tübbinge müssen für die auftretenden geostatischen sowie auf die spezifischen Vortriebslasten bemessen werden. Durch lokale Überbeanspruchungen kommt es zu Schäden an Tübbingen. Die Folge sind Risse, Abplatzungen und Undichtigkeiten, deren Sanierung nicht nur zeitaufwendig, sondern auch sehr kostenintensiv sein kann. Daher gilt es im gesamten Erstellungsprozess, von der Tübbingfertigung bis zum Einbau, die Schadensquote zu minimieren. Die auftretenden Schäden lassen sich hinsichtlich der Schadensursache in innere und äußere Einflüsse unterteilen.
2 Innere Einflüsse
In der Fertigung ist darauf zu achten, dass die Schalungen den hohen Anforderungen an die Formschlüssigkeit der Segmente gerecht werden. Entsprechen bereits die Schalungen nicht den in der Planung und Berechnung angesetzten Abmessungen der Tübbinge, sind alle in diesen Schalungen gefertigten Tübbinge nicht mit der Planung kompatibel. Die Formschlüssigkeit des gesamten Rings ist in diesem Fall nicht gegeben, so dass es zu Spannungsspitzen in lokalen Bereichen kommt, die in Abplatzungen und Rissen resultieren. Die ZTV-ING gibt hierfür Toleranzen an, die sowohl in der Berechnung angesetzt werden müssen, als auch bei der Fertigung einzuhalten sind. Durch eine regelmäßige Überprüfung der Tübbingschalung und auch der betonierten Tübbinge ist sicherzustellen, dass diese Toleranzen in der Fertigung eingehalten werden und die Formschlüssigkeit der Segmente erreicht wird.
Neben der Formschlüssigkeit ist die einzusetzende Betonqualität während der Fertigung entscheidend. Tübbinge unterliegen als Betonfertigteile mit besonderen Anforderungen einer erhöhten Überwachung. Die Einhaltung der qualitätsrelevanten Randbedingungen ist in stationären Fabrikationen leicht einzuhalten, muss jedoch auch permanent überwacht werden (Bild 1).
Bewehrung
Die Betonbeschaffenheit ist nicht nur von der Betongüte, sondern auch im besonderen Maße von der Qualität und der richtigen Position der Bewehrungskörbe abhängig. Die Berechnung und die Herstellung der Bewehrungskörbe erfordert erhebliche Erfahrung und umfangreiches Detailwissen. Bei der Platzierung der Körbe in der Schalung ist eine erhöhte Sorgfalt zur Vermeidung von Lageungenauigkeiten erforderlich. Abstandhalter, die fest an den Körben befestigt werden, dienen als Hilfe bei der Positionierung des Korbes in der Schalung. Von der Verwendung von steckbaren Abstandhaltern ist bei der Tübbingproduktion abzuraten, da diese zum Umklappen neigen und somit die erforderliche Lagegenauigkeit nicht gewährleisten können (Bild 2). Eine intensive Überwachung ist hier notwendig.
In Abhängigkeit von der Konsistenz und der Verarbeitbarkeit des Tübbingbetons ist die Verdichtungsenergie zu regeln. Die Verdichtung erfolgt überwiegend durch Außenrüttler. Insbesondere im Dichtungsbereich ist auf eine vollständige Vertreibung von Luftporen zu achten, ansonsten kommt es schnell zu einer Unterwanderung des Dichtungsprofils (Bild 3).
3 Äußere Einflüsse
Äußere Einflüsse hängen in erster Linie mit Mängeln beim Einbau zusammen. Werden die Tübbinge beim Ringbau nicht exakt an die vorherbestimmte Position gesetzt, kommt es zu Versätzen in den Tübbingfugen. Diese können sowohl in den Längsfugen, innerhalb eines Ringes, als auch in den Ringfugen, zwischen 2 Ringen, auftreten (Bild 4). Hier werden im Vorfeld zulässige Toleranzbereiche definiert. Kommt es während der Bauphase zu Überschreitungen dieser Toleranzbereiche, ist in erster Linie die Dichtigkeit der Tunnel gefährdet, da die Dichtungen der einzelnen Tübbinge nicht mehr ausreichend überlappen. Zudem kommt es zu einer Verringerung der Lastübertragungsflächen und somit auch zu einem Anstieg der Spannungen im Tübbing. Die Ursache für solche Versätze beruht überwiegend auf fehlender Erfahrung oder fehlendes Training des Personals. Durch eine konsequente Einweisung der Mitarbeiter lassen sich diese recht leicht abstellen und es ist eine schnelle Lernkurve zu erwarten.
Ein weiteres typisches Mangelbild sind Betonabplatzungen an den Erektorführungen. Ein allgemein gebräuchlicher Tübbing besitzt neben den Einbauten für Dübel und/oder Schrauben eine kegelstumpfförmige Vertiefung mittig auf der Tübbinginnenseite. Die Erektorplatte ist mit einer Zentriernase ausgestattet, die in diese Vertiefung auf der Innenseite hinein passt. So kann sichergestellt werden, dass die Erektorplatte an der richtigen Position ist, wenn sie den Tübbing mittels eines Vakuums ansaugt und hochhebt. Beim Lösen des Vakuums der Erektorplatte kann es bei einer Schubbeanspruchung der Dichtung zu einem Kontakt der Erektorführung (Erektornase) mit dem Tübbing kommen. Oftmals bricht an dieser Stelle der Randbeton ab (Bild 5). Bei zunehmender Erfahrung des Erektorfahrers wird dieser die Pressen zum seitlichen Verschub des Tübbings benutzen und die Erektorplatte zentrisch über den Aussparungen halten. Dadurch wird ein schädlicher Kontakt zwischen Erektorplatte und Tübbing vermieden.
Nachdem der Tübbing an die richtige Position gesetzt wurde, werden die für den Ringbau abgezogenen Vortriebspressen wieder an den Tübbing angesetzt. Zur Erreichung der Dichtigkeit müssen die Tübbingdichtungen zusammengedrückt werden. Der Erektor kann die notwendige Kraft nicht alleine aufbringen. Zusätzlich ist eine Komprimierung durch die Vortriebspressen erforderlich. Sind die Dichtungsprofile ausreichend komprimiert, wird der Tübbing mit seinen umgebenen Steinen verschraubt. Die eingesetzten Schrauben sollen die Vorspannung bis zu einer ausreichenden Einbettung aufrechterhalten. In der Regel sind hierfür ca. 15 weitere Ringe einzubauen, bevor die Schrauben ausgebaut werden können. Die für die Kompression notwendige Kraft wird aus dem sogenannten Ringbaudruck der Vortriebspressen generiert. Sollte dieser zu gering sein, z.B. weil die TBM beim Ringbau nach vorne rutscht, sind die Schrauben während des nächsten Vortriebs unbedingt nachzuziehen. Werden die Dichtungsprofile nicht ausreichend komprimiert, ist mit Undichtigkeiten zu rechnen, die im Nachgang aufwendig saniert werden müssen.
Für die Wahl des einzubauenden Ringes ist es erforderlich, den Grundsatz zu befolgen, dass der Ringbau stets der Fahrt der TBM zu folgen hat. Wenn beispielsweise die TBM nach rechts fährt, können keine Ringe mit einer Linksorientierung eingebaut werden. Wird dieser Grundsatz nicht befolgt, kommt es zu einem Kontakt zwischen gebautem Ring und dem Schildschwanz der Maschine. Hierbei wird der Tübbing an seiner Außenseite und meist auch an seiner Vorderseite zerstört (Bild 6). Da sich an der Außenseite die Dichtungsebene befindet, ist eine aufwendige Reparatur erforderlich. Zum Erkennen dieser Schadstellen ist eine Kontrolle der Tübbingvorderseite vor dem Ringbau des neuen Ringes erforderlich.
Weiterhin kann in einigen Fällen beim Einschieben des Schlusssteines das seitliche Herausschieben der Dichtung beobachtet werden. Für die Schadensart kommen 2 typische Ursachen in Frage. Zum Einen kann ein zu enges Bauen des Ringes ursächlich sein, so dass der Schlussstein nicht in die zur Verfügung stehende Lücke passt. Durch das dadurch entstehende intensive Hineinpressen des Schlusssteins kommt es zu Schubspannungen zwischen den Dichtungsprofilen und den Tübbingen, die nicht mehr von dem Klebstoff, mit dem die Profile an den Tübbingen befestigt sind, aufgenommen werden kann (Bild 7). Hier sollte ein besonderes Augenmerk auf die Schildschwanzluft gelegt werden. Zum Anderen können zu hohe Reibungskräfte, die auch bei einem mängelfreien Ringbau zwischen den Dichtungen auftreten können, die Ursache sein. Abhilfe kann das Einfetten der Dichtung mit Schmierseife schaffen.
Derzeit wird die Notwendigkeit von Lastverteilungsplatten aus PE, Bitumen oder Hartfaser kontrovers diskutiert. Der Einbau dieser Lastverteilungsplatten (Bild 8) hat im Wesentlichen 2 Aufgaben. Zum Einen soll eine Konzentration der Vortriebslasten im Tübbingzentrum vermieden werden und die gesamte Tübbingdicke zum gleichmäßigen Lastabtrag herangezogen werden. Zum Anderen soll so ein Ausgleich von kleineren Segmentverkantungen geschaffen werden, ohne dass unmittelbar Spannungsspitzen entstehen. Unabhängig von der weiterhin andauernde Diskussion lässt sich aus den bei vielen Projekten erzielten Erfahrungen sagen, dass bei den Projekten, die eine nachträgliche Einführung der Lastverteilungsplatten durchgeführt haben, die Schadensquote stark reduziert werden konnte.
Das manuelle Einlegen von Holzfaserplatten o.ä. in die Ringfugen zum Ausgleich eines unebenen Ringspiegels wird als Packing bezeichnet. Ein Ausgleich der Verkantungen würde ein genaues Aufmaß und dann eine abgestimmte Verteilung der Einlagen erfordern. Bisher ist kein Tunnelvortrieb bekannt, bei dem dieses Packing mit so ausreichender Sorgfalt durchgeführt wurde, dass nachhaltig eine Verbesserung der Situation erreicht wurde. Im Gegenteil gibt es viele Beispiele, bei denen durch die selbstständige, ungeplante Entscheidung zum Einlegen der Holzfaserplatten erhebliche Schäden überhaupt erst entstanden sind (Bild 9). Packing ist daher in der Praxis kontraproduktiv. Das von der Ringbaumannschaft selbständige Auswählen von Material und Dicke sollte generell untersagt werden.
Neben den im Wesentlichen durch die Vortriebspressen hervorgerufenen Tübbingbelastungen, die zu Schäden führen können, ist auch eine Betrachtung von radialen Lasten durch die Verpressung und durch das Gebirge erforderlich. Der Verpressmörtel soll eine gleichmäßige Bettung des Ringes ermöglichen und wird teilweise auch statisch dafür angesetzt. Hierfür ist es erforderlich, dass der Verpressmörtel gleichmäßig um den Ring verteilt wird (Bild 10). Bei einem wasserundurchlässigen Boden führt das Absetzen des Wassers auf Dauer zu ungleichmäßiger Bettung und damit eventuell zu Schäden. Bei dieser Art von Böden sind im Allgemeinen Zweikomponenten-Mörtel zu bevorzugen.
Der Vollständigkeit halber sei auch die Schadensursache durch Gebirgsverformungen angesprochen. Gebirgsverformungen führen in Lockerböden sehr selten zu einer Überbelastung der Tübbinge, da die Lastverteilung wesentlich vereinfacht ist. Durch die Gewölbewirkung in diesen Böden entsteht in der Regel eine gleichmäßige Belastung für die Tübbingschale.
Bei Hartgesteinsvortrieben können hingegen je nach Beschaffenheit des Gebirges (z.B. Klüftigkeit) stark variierende und schnell wechselnde Belastungszustände auf den Tunnelausbau wirken. Aus diesem Grund muss bei der Planung und der Ausführung im Hartgestein diese Art der Belastung wesentlich stärker beachtet werden.
4 Zusammenfassung
Auftretende Schäden an Tübbingen lassen sich gut in äußere und innere Einflüsse unterteilen. Durch eine regelmäßige Überwachung und Überprüfung der Produktion lassen sich bereits während der Herstellung Schäden, die aus inneren Einflüssen resultieren, vermeiden. Äußere Schadenseinflüsse entstehen überwiegend beim Transport und beim Einbau der Segmente. Diese Einflüsse können zumeist durch sorgfältigen Umgang und Einbau minimiert werden. Für den Ringbau sollte der Mannschaft ausreichend Zeit, besonders am Projektbeginn, eingeräumt werden, um so eine schnelle und möglichst schadensfreie Lernkurve zu ermöglichen.