Pörzbergtunnel:
Sicherheit durch Entrauchungstechnik

Der Pörzbergtunnel im thüringischen Schaala ist ein vergleichsweise kleiner Tunnel. Dennoch müssen auch dort höchste Sicherheitsanforderungen erfüllt werden, wie der folgende Beitrag aufzeigt.

Tunnel geraten dann in den Blick der Öffentlichkeit, wenn ein Unfall Menschenleben fordert oder ein Automobilclub die mangelnde Sicherheit dieser Bauwerke anprangert. Die Tunnel, die es dann auf die Titelseiten der Boulevard-Presse oder der Motor-Magazine schaffen, sind zumeist Unterführungen im Verlauf von Autobahnen oder Bahnstrecken. Dass aber auch ein vergleichsweise kleiner Tunnel mit Gegenverkehr höchste Sicherheitsanforderungen erfüllen muss und erfüllen kann, zeigt der Pörzbergtunnel im thüringischen Schaala.

Der Pörzbergtunnel ist Bestandteil des Neubaus der Landesstraße L 1048 zur Verbesserung der Anbindung des Städtedreiecks Saalfeld – Rudolstadt – Bad Blankenburg an die Autobahnen A4, A71 und A73. Gleichzeitig beseitigt der Tunnel die Engstelle in der „Ortsdurchfahrt Schaala“ (Bild 1). Die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur stellt den Bauherr, das Land Thüringen, beim Bau des Pörzbergtunnels vor eine besondere Aufgabe. Der Bau muss gerüstet sein für alle Arten von Gütern, die auf diesem Weg transportiert werden sollen. Dazu gehören auch Gefahrstofftransporte, für die der Brandschutz im Tunnel ausgelegt sein muss (Bild 2).

In erster Linie wurden dabei besondere Anforderungen an die Tunnellüftung gestellt: Die Tunnellüftung soll im Tunnel Pörzberg unter Wahrung eines wirtschaftlichen Betriebs gewährleisten, dass im Fall eines Brandes die Rauchgase auf kürzestem Weg, gemäß den Anforderungen der RABT 2006 – Richtlinien für den Ausbau und Betrieb von Straßentunneln, Ausgabe 2006, abgesaugt oder aus dem Tunnel gestoßen werden und die vorgesehenen Rettungswege im Fall eines Tunnelbrandes rauchfrei bleiben.

Bei der RABT 2006 wird die Dimensionierung der Entlüftung auf der Grundlage eines Lkw-Brandes beschrieben. Dabei sind die Brandfall-Lüftungskonzepte abhängig von der Tunnellänge. Bei Tunneln von einer Länge zwischen 600 und 1.200 m – dazu gehört der Pörzbergtunnel – sehen die RABT eine Auslegung je nach Risikoanalyse vor. Dabei kann eine einfache mechanische Längslüftung ausreichend sein. Es kann aber auch eine Rauchabsaugung über eine große Absaugöffnung oder eine Rauchabsaugung über Zwischendecke mit steuerbaren Absaugöffnungen vorzusehen sein.

Die Lösung in Thüringen gestaltet sich wie folgt: Für den Fall eines Brandes ist entlang der Tunneldecke ein Rauchabsaugkanal von 924 m Länge angeordnet. Dieser ist durch eine betonierte Zwischendecke vom Fahrraum abgetrennt. In der Zwischendecke wurden in Abständen von ca. 50 m 17 fernsteuerbare Tunnelklappen angeordnet (Bild 3). Im Fall eines Brandereignisses im Bereich der Zwischendecke wird der Rauch durch 4 gezielt geöffnete Klappen in den Deckenkanal abgesaugt und weiter durch das Lüftergebäude und 2 vertikale Abluftschächte in die Atmosphäre gefördert. Der kombinierte Betrieb der Tunnelklappen und der Strahlventilatoren ermöglicht den Rauchabzug auf einer Strecke von ca. 200 m im Bereich des Brandortes, während der Rest des Tunnels weitgehend rauchfrei bleibt (Bild 4). Zusätzlich ist der Tunnel mit einer automatischen stationären Feuerlöschanlage ausgestattet und damit auch für den Transport von Gefahrgut freigegeben.

Die Tunnelklappen, die im Pörzbergtunnel angewendet und bei Trox entwickelt wurden, sind speziell für den Einbau in unterirdischen Verkehrsanlagen konzipiert (Bild 5). Getestet werden die Klappen in dem im Jahre 2009 eröffneten Internationalen Center Brandschutztechnik (ICB). Hier lassen sich die Eigenschaften der Bauelemente in einem einzigartigen Kombi-Ofen für Wand- und Deckenprüfungen messen. 20 gasbetriebene Brenner simulieren Brände mit Temperaturen bis zu 1.200 Grad. Um große Klappen, wie sie auch in Tunneln verbaut werden, realistisch testen zu können, hat der Kombi-Ofen entsprechende Abmessungen. Auf einer Grundfläche von 3 x 4 m und einer Höhe von 4 m geben auch großdimensionale Systeme ihre Werte an die installierten Sensoren weiter.

Gerade Brand- und Rauchschutzklappen für Tunnel sind keine Konfektionsware. Die Bauwerke unterscheiden sich signifikant in der Dimensionierung, im Strömungsverhalten sowie in der installierten Lüftungs- und Löschtechnik. Bei dem Hersteller der Lüftungsklappen schlägt man daher einen individuellen Entwicklungsweg für die Produkte an.

In einer ersten Konzeptionsphase werden intensiv Kundenanforderungen und die aktuellen gesetzlichen Auflagen geprüft. Auf dieser Basis entsteht die erste Produktidee. Nach ausführlichen Konzeptionen und Studien tritt der Entwicklungsbereich in die Konstruktions- und Berechnungsphase ein. Danach werden die Details des Produktes weiter spezifiziert und ein Prototyp gebaut. Anhand dieses Prototyps werden das thermische Verhalten und die Stabilität getestet. Es folgen erste Brandversuche in der Einbausituation und Fragen des Korrosionsverhaltens und der Beständigkeit werden geprüft.

In der Optimierungsphase stehen weitere Tests auf dem Programm. Dauerfunktion in allen Einbaulagen, Deformationsverhalten und Dichtigkeit werden ebenso überprüft wie das strömungstechnische Verhalten und die akustischen Eigenschaften. Nach Untersuchungen bezüglich Schwingung und Erdbebenbeständigkeit ist die Optimierungsphase soweit abgeschlossen, dass Brandprüfungen in der Materialprüfungsanstalt vorgenommen werden können. Dort werden auch Funktionstests und Dauertests durchgeführt.

Erst wenn eine Brandschutz- oder Rauchschutzklappe alle Untersuchungen erfolgreich bestanden hat, geht das Produkt zum Kunden. Die unterschiedlichen Entwicklungsschritte garantieren nicht nur ein auf die Anforderungen des jeweiligen Projektes hin maßgeschneidertes Produkt. Sie garantieren auch die Funktionalität und Zuverlässigkeit teils weit über die geforderten Werte hinaus. Dokumentiert wird dies mit Prüfberichten anerkannter Prüfanstalten in ganz Europa bzw. weltweit

Das kontinuierliche Wachstum des Kraftfahrzeugverkehrs und der steigende Bedarf an öffentlichen Verkehrsmitteln wie U-Bahnen, Zügen und Bussen werden den Druck erhöhen, mit Verkehrswegen unter die Erde auszuweichen. Hinzu kommt, dass sich das zusammenwachsende Europa auch beim Schienenverkehr mit immer schnelleren Verbindungen weiter vernetzt. Voraussetzung für dieses Wachstum sind sichere Tunnel. Die europäische Richtlinie 2004/54/EG wird dazu einen Beitrag leisten. Bis spätestens 2014 muss sie bei bereits vorhandenen Tunneln umgesetzt sein. 2019 ist auch für die Tunnel, für die eine Fristverlängerung beantragt wurde, letzter Termin.

Die Einweihung erfolgte im Dezember 2010 (Bild 6). Seither hat die Strecke ein Verkehrsaufkommen von mehr als 11.000 Fahrzeugen pro Tag mit einem Schwerverkehranteil von mehr als 20 %.

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