Laboruntersuchungen von verschiedenen konditionierten Lockergesteinsböden für Tunnelvortriebe mit Erddruckschildmaschinen
Der Haupteinsatzbereich von Schildmaschinen mit Erddruckstützung, engl. Earth Pressure Balance (EPB), liegt in Lockergesteinsböden mit Feinanteilen von mindestens 30 %. Vor allem in grobkörnigen Böden und unterhalb des Grundwasserspiegels ist der Einsatz von Konditionierungsmitteln – zumeist Schaum – oft unerlässlich. Um die theoretischen Kennt-nisse zu Schaum als Mittel zur Bodenaufbereitung zu erweitern, wurden am Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb Untersuchungen mit unter realitätsnahen Randbedingungen hergestelltem Schaum durchgeführt. Der folgende Beitrag ist ein Vortrag anlässlich der 4. BASF TBM Conference im Oktober 2010 in London/GB.
Der Haupteinsatzbereich von Schildmaschinen mit Erd-druckstützung, engl. Earth Pressure Balance (EPB), liegt in Lockergesteinsböden mit Fein-anteilen von mindestens 30 %. Vor allem in grobkörnigen Bö-den und unterhalb des Grund-wasserspiegels ist der Einsatz von Konditionierungsmitteln – zumeist Schaum – oft unerlässlich. Um die theoretischen Kenntnisse zu Schaum als Mittel zur Bodenaufbereitung zu erweitern, wurden am Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb Untersuchun-gen mit unter realitätsnahen Randbedingungen hergestelltem Schaum durchgeführt. Die Eigenschaften von verschiedenen, zum Teil grobkörnigen Boden-Schaum-Gemischen wurden hinsichtlich ihrer Verarbeitbarkeit in Abhängigkeit unterschiedlicher Schaumzugabemengen unter atmosphärischen Bedingungen analysiert. Die Untersuchungsergebnisse zeigen eine quantitative Beziehung zwischen der Verarbeitbarkeit und der Eignung für den Einsatz von EPB-Schildmaschinen.
1 Einsatz von EPB-Schildmaschinen in groben Böden
Durch technische Entwicklungen und durch die Applikation von Konditionierungsmitteln kann der Einsatzbereich für EPB-Schilde mittlerweile in grobkörnigere Böden mit einem geringeren Anteil an kohäsiven Bestandteilen erweitert werden. Beim maschinellen Tunnel-bau mit Erddruckschilden wird der abgebaute Boden als Medium zur aktiven Stützung der Ortsbrust verwendet. Das Stützmedium sollte dafür einige Anforderungen erfüllen, wie zum Beispiel im Hinblick auf die Verarbeitbarkeit, die Wasser-durchlässigkeit, das Verklebungspotenzial und seine Abrasivität. Wie anhand von ausgeführten Tunnelprojekten gezeigt werden kann, z. B. Mailand (1994), Lyon (1996), Barcelona (2003) oder Turin (2004), werden EPB-Schilde zunehmend in grobkörnigen Böden eingesetzt. Die Baugrundcharakteristika dieser Projekte stellten die Haupteinsatzbereiche von Schildmaschinen mit Flüssigkeitsstützung. Abhängig von den Bodeneigenschaften können die Ziele der Bodenkonditionierung wie folgt definiert werden [7]:
■ In grobkörnigen Böden können temporäre Veränderungen der Eigenschaften des Stützmediums notwendig sein, um ein geeignetes Fließverhalten des abgebauten Materials in der Abbaukammer und im Schneckenförderer gewährleisten zu können.
■ In durchlässigen Böden unterhalb des Grundwasserspiegels ist eine Reduzierung der Wasserdurchlässigkeit erforderlich, um eine effektive Ortsbruststützung sicherstellen zu können, während der natürliche Porenwasserdruck beibehalten wird, um Wasserströmungen sowie daraus resultierende Kräfte und Erosionen zu verhindern.
■ Ein verbessertes Kompress-ionsverhalten des Stützbreis reduziert Schwankungen des Abbauvolumens in der Abbau-kammer, die sich in Abhängigkeit der Drehgeschwindigkeit des Schneidrads sowie der Schneckendrehzahl ergeben.
■ Die Verringerung der inneren Reibung reduziert die Drehmomente des Schneidrads und des Schneckenförderers. Gleichzeitig nimmt auch der Verschleiß der Abbauwerkzeuge und der Struktur ab.
Vor allem durch Konditionierung kann somit auch zerkleinertes Sedimentgestein für den effektiven Einsatz von EPB-Schilden geeignet sein. Da beide Arten von Baugrund, grobkörniges Lockergestein und zerkleinertes Festgestein, nicht alle oben genannten Anforderungen von Natur aus erfüllen, sind neue Methoden erforderlich, um die Spezifikationen an das Stützmedium in Abhängigkeit von den Baugrundbedingungen und anderen Vortriebsparametern zu verfeinern.
2 Stand der Technik
Untersuchungen von konditionierten Lockergesteinen wurden von verschiedenen Wissenschaftlern durchgeführt [1, 5, 6, 11]. In diesen Untersuchungen wurde Konditionierungsmittel mit Laborschaumanlagen zumeist unter atmosphärischen Druckbedingungen hergestellt. Der Schaum wurde dann mit ausgewählten Böden vermischt und in einigen Fällen in einen Druckbehälter injiziert. Unter Druck wurde anschließend das konditionierte Material mit einem Schneckenförderer entnommen, um unter Umgebungsbedingungen das entnommene Boden-Schaum-Gemisch zu untersuchen.
Ein Boden-Schaum-Gemisch wird durch eine Vielzahl an Parametern beschrieben, welche mit den Anforderungen an die Nutzung als Stützmedium einhergehen müssen. Um diese Parameter zu bestimmen, können Tests durchgeführt werden, welche Aussagen über die folgenden Eigenschaften zulassen:
■ Dichte
■ Scherfestigkeit
■ Kompressionsverhalten
■ Wasserdurchlässigkeit
■ Stabilität
■ Rheologie
■ Drainagefähigkeit
■ Verarbeitbarkeit.
Von diesen Eigenschaften ist die Verarbeitbarkeit ein Indikator für die Plastizität des Stützmediums, vergleichbar mit der Konsistenz bei kohäsivem Boden, und somit ein Kriterium für den wirtschaftlichen Einsatz von Erddruckschilden. Die Verarbeitbarkeit kann über den aus der Betontechnologie bekannten Versuch zur Bestimmung des Setzmaßes beurteilt werden [3]. Frühere Untersuchungen zur Verarbeitbarkeit [10] haben Werte in einer Spanne von ca. 10 bis 20 cm als geeignet aufgezeigt.
Thewes [9] hat basierend auf [5] und praktischen Erfahrungen ein Diagramm mit Einsatzbereichen für EPB-Schildmaschinen abhängig vom Baugrund und zusätzlicher Bodenaufbereitungen entwickelt (Bild 1). Es werden vier Bereiche definiert:
1 ggf. Zugabe von Wasser für die Konsistenz und Schaum gegen Verklebungen erforderlich
2 möglicherweise Schaumzugabe zur Konditionierung notwendig
3 Baugrund geeignet, wenn Wasserdruck kleiner/gleich 2 bar; Konditionierung mit Schaum und Polymeren
4 Vorzugsweise kein Wasserdruck; Konditionierung mit Schaum, Polymeren und Füller/Feinmaterial.
Unterhalb von Bereich 4 ist der Baugrund höchstwahrscheinlich nicht für Tunnelvortriebe mit Erddruckstützung geeignet. Jedoch muss grundsätzlich beachtet werden, dass sich diese Bereiche nicht als scharfe Richtlinie sondern vielmehr als Orientierung verstehen.
Um die vorgenannten Ziele der Bodenkonditionierung zu erreichen, wird der abgebaute Boden in der Abbaukammer meistens mit Schaum versetzt, kann aber auch durch andere Zusätze, wie z. B. Polymere oder Feinstoffsuspensionen, ergänzt werden. Die Additive werden dazu durch Injektionspunkte in die Abbaukammer, vor das Schneidrad und in die Förderschnecke zugegeben. Das Verhältnis der Volumenströme des injizierten Schaums zum abgebauten Boden ist als Foam Injection Ratio (FIR), Schauminjektionsrate, definiert. Typische Injektionsraten korrelieren ungefähr mit der Porenzahl des Bodens. Formeln zur Berechnung maßgebender Parameter der Schaumkonditionierung wurden kürzlich in [8] veröffentlicht. Die Abhängigkeiten zwischen den Schaumparametern und den tatsächlichen Durchflusseinstellungen zur Herstellung auf der Schaumanlage können nach dem Nomogramm von Budach [2] ermittelt werden. Übliche Werte für die Konzentration cf reichen von 1,5 % bis 5,0 %, wohingegen die Spanne der Foam Expansion Ratio (FER), Aufschäumrate, üblicherweise von 10 bis 25 reicht.
3 Versuchskonzept
Während Bild 1 qualitativ über die Kornverteilung eines Bodens und die damit verbundenen Konditionierungsmaßnahmen den Einsatzbereich von EPB-Schilden festlegt, ist eine Vorhersage über das Verhalten des Bodens als Stützmedium hinsichtlich der Verarbeitbarkeit sowie die Abschätzung quantitativer Parameter für die Bo-denkonditionierung Ziel aktueller Forschung. Deshalb werden vom Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb an der Ruhr-Universität Bochum weitergehende Labor-untersuchungen dazu durchgeführt.
Drei verschiedene Bodenpro-ben werden bezüglich des wirtschaftlichen Einsatzes eines Erddruckschildes begutachtet (Bild 2). Kurve A (blau) stellt einen reinen Feinsand dar, während Kurve B (grün) und Kurve C (rot) Kornverteilungen durchgeführter Tunnelbauprojekte darstellen. Kurve B resultiert von einer gemischten Ortsbrust, im Grenzbereich zweier Lockergesteinsschichten, und enthält einen Kies-anteil von ungefähr 25 %. Kurve C besteht aus ca. 60 % Kies und folgt aus der Zerkleinerung von Sedimentgestein. Beide Projekt-böden enthalten einen hohen Anteil an Grobmaterial und entsprechen nahezu den Einsatzbereichen 3 und 4 in Bild 1. Alle drei Bodenproben besitzen hingegen nur einen geringen Feinanteil.
Für die Produktion von Schaum zur Konditionierung wird eine Schaumanlage eingesetzt, die Schaum unter realitätsnahen Randbedingungen wie zum Beispiel hinsichtlich des Volumenstroms oder des Förderdrucks herstellt. Die Schaumanlage ist mit zwei Schaumlanzen ausgestattet, die baugleich mit Schaumlanzen sind, die in der Praxis eingesetzt werden. Die folgenden Parameter können mit der Schaumanlage in Bild 3 variiert werden:
■ Schaumlanze (2 Praxisschaumlanzen und 1 Laborschaumlanze für reduzierte Durchflüsse)
■ Schaumvolumenstrom QF (150 l/min bis 650 l/min bzw. 40 l/min bis 100 l/min)
■ Förderdruck
■ Länge des Fördersystems
■ Konditionierungsmittel
■ Konzentration der Tensidlösung
■ Aufschäumrate FER.
Das Boden-Schaum-Gemisch wird in einem Freifallmischer hergestellt. Der Boden wird zunächst bis zu einem vorher definierten Wassergehalt befeuchtet und anschließend mit genauen, von der FIR abhängigen Mengen des hergestellten Schaums 30 Sekunden vermischt.
Die Bewertung der Verarbeitbarkeit des erstellten Stützbreis erfolgt mit dem Versuch zur Bestimmung des Setzmaßes nach DIN EN 12350-2 [3] für Frischbeton bzw. -8 [4] für selbstverdichtenden Beton: Das Boden-Schaum-Gemisch wird in drei Lagen in einen Versuchskonus mit spezifischen Abmessungen (h = 30 cm, dmax = 20 cm) eingebaut und nach jeder Einbaulage verdichtet. Anschließend wird der Konus hochgezogen. Das resultierende Setzmaß [3] bzw. Setzfließmaß [4] dient als Anhaltswert für die Verarbeitbarkeit. Ergebnisse früherer, vergleichbarer Unter-suchungen werden von Vinai [10] zusammengefasst. Diese zeigen, dass Setzmaße in einer Spanne von ca. 10 bis 20 cm als geeignete Verarbeitbarkeit eines Stützmediums im Tunnel-bau mit EPB-Schilden bezeichnet werden können. Dieser Wertebereich wird in den folgenden Versuchen als Ziel zur Bewertung der Verarbeitbarkeit ins Auge gefasst.
4 Laborversuche und Ergebnisse
In einer Serie von in Bochum durchgeführten Laboruntersuchungen wurden die nachfolgenden Schaumparameter für das gesamte Versuchsprogramm konstant gehalten: cf = 3,0 %, FER = 15, QF = 70 l/min. Unmittelbar nach der Herstellung wurde der Schaum in Abhängigkeit der zu untersuchenden FIR den wasserversetzten Böden A, B und C zugegeben, um verschiedene Boden-
Schaum-Gemische zu erstellen, von denen Proben für die Ermittlung des Setzmaßes nach der vorgenannten Versuchsbeschreibung entnommen wurden. Die Ergebnisse der Versuche für die Böden A, B und C sind in Bild 4 dargestellt.
Die Ergebnisse für Boden A zeigen eine Vergrößerung des Setzmaßes mit zunehmender FIR. Das Setzmaß beträgt 10 cm für eine FIR = 45 % und 20 cm für eine FIR = 75%. Bezüglich der Eignung für den Einsatz von EPB-Schildmaschi-nen zeigen die Resultate, dass dieser gewährleistet werden kann, wenn der Boden wie hier gezeigt mit Schaum konditioniert wird. Adäquate Werte für die FIR liegen zwischen 45 % und 75 %. Ausgewählte Bilder der Ergebnisse sind in Bild 5 dargestellt.
Obwohl Boden B einen höheren Anteil an grobkörnigem Boden enthält, kann eine geeignete Verarbeitbarkeit durch Konditionierung mit weniger Schaum erreicht werden als bei Boden A. Eine mögliche Verringerung des Porenraumes durch eine breitere Kornverteilung kann eine Erklärung dafür sein. Eine FIR von 20 % führt zu einem Setzmaß von 11 cm (Bild 6.2), während eine FIR von 30 % das Setzmaß auf 17 cm vergrößert (Bild 6.3). Demzufolge ist der Boden für Tunnelvortriebe mit Erddruck-schilden geeignet, wenn er mit Schaum konditioniert wird (FIR = 20 % bis ca. 30 %).
Die Konditionierung von Boden C mit Schaum führte nicht zu aussagekräftigen Ergebnissen im Hinblick auf das Setzmaß als Beurteilungskriterium der Verarbeitbarkeit. Die Injektion von Schaum bei einer FIR von 10 % bis 50 % führte zu keinem Setzmaß (exemplarisch Bild 7.2). Bei einer FIR von 70 % kollabierte die Probe direkt nach Anheben des Versuchskonus zu einer inhomogenen Masse aus Boden und Flüssigkeit (Bild 7.2). Die Zugabe von 0,2 % Polymeren zum gleichen Boden-Schaum-Gemisch – d. h. PIR = 0,2 % – hatte zur Folge, dass sich die Stabilität des Materials wiederherzustellen schien, sodass sich in einem weiteren Versuch wieder kein Setzmaß einstellte. Somit sollten die Ergebnisse nicht vergleichend mit denen der Böden A und B beurteilt werden, da sie keine aussagekräftige Bewertung der Verar-beitbarkeit zulassen.
Um die Verarbeitbarkeit des Bodens C zu bewerten, wurde dieser alternativ mit einer Feinstoffsuspension auf Kalksteinbasis, Highdensity Limestone Slurry (HDLS), konditioniert und das Setzmaß ermittelt. Bilder dieser Ergebnisse sind in Bild 8 dargestellt. Die Zugabe von Feinstoffsuspension in verschiedenen Mengen hat das Setzmaß des Bodengemisches im Vergleich zur Ausgangshöhe der Probe jedoch nicht beeinflusst. Die Probe in Bild 8.2 ist zum Beispiel mit 30 % Feinstoffsuspension versetzt, was zu einem Setzmaß von 0 cm führt. Konditioniert man das Boden-Suspensions-Gemisch zusätzlich mit Schaum (FIR = 30 %), ergibt sich ein Setzmaß von 3 cm.
5 Zusammenfassung und Ausblick
Alles in allem zeigen die Ergebnisse der Laboruntersuchungen, dass die in Bild 1 dargestellten Bereiche eine gute Orientierung für die Konditionierung und somit den effektiven Einsatz von Erddruck-schildmaschinen sind. Unterschiedliche Böden konnten bei gleichbleibenden Schaumeigenschaften zum Teil allein durch die Variation der FIR auf ein gleiches Maß der Verarbeitbar-keit (Setzmaß) gebracht werden. Konkrete Parameter für die Steuerung der Konditionie-rung in der Praxis müssen jedoch durch Vorversuche ermittelt werden, da sie nicht aus der Kornverteilungskurve des Bau-grundes abzuleiten sind.
Kornzusammensetzungen, die sich aus zerkleinertem Sedimentgestein ergeben, können durchaus Kornverteilungen von Lockergesteinen entsprechen. Die Versuche mit dem mit Feinstoffsuspension aufbereiteten Boden C haben gezeigt, dass eine Veränderung der Bodeneigenschaften nicht nur mit Schaum möglich ist. Folglich sollten über die Konditionierung mit Schaum hinaus auch andere Konditionierungsmittel wie Polymere oder Feinstoffsus-pensionen oder sogar die Kombination aus zwei oder mehreren Konditionierungsmitteln in Betracht gezogen werden. In zukünftigen Untersuchungen sollte sich noch mehr auf die Konditionierung von vergleichbaren Bodenproben wie zum Beispiel von einer gemischten Ortsbrust konzentriert werden.
Shields. In: Proceedings of World Tunnel Congress 2010, Vancouver 2010.
Prof. Dr.-Ing. Markus Thewes, Dr.-Ing. Christoph Budach, Dipl.-Ing. Mario Galli; Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb, Ruhr-Universität Bochum/D, tlb@rub.de
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