9. Felsmechanik- und Tunnelbautag
Am 13. Juni 2024 fand der 9. Felsmechanik- und Tunnelbautag im WBI-Center in Weinheim, Deutschland, statt. Die sehr gut besuchte Fachveranstaltung befasste sich in diesem Jahr mit den Fokusthemen Felsmechanik, Tunnel und Untertagebau, Nachhaltigkeit und Projektberichte. Sie wird jährlich veranstaltet von der WBI GmbH mit Unterstützung und Sponsoring der DB InfraGO sowie Unterstützung des Arbeitskreises Bautechnik des Württembergischen Ingenieurvereins.
Walter-Wittke-Preis 2024
Der Felsmechanik- und Tunnelbautag findet jährlich in Weinheim statt. Er wird veranstaltet von der WBI GmbH mit Unterstützung und Sponsoring der DB InfraGO sowie Unterstützung des Arbeitskreises Bautechnik des Württembergischen Ingenieurvereins
Credit/Quelle: WBI/Fotostudio Fischer
Der Walter-Wittke-Preis wird nicht nur für herausragende Veröffentlichungen sowie Projekte aus dem Bau- oder Bergbaubereich verliehen, die einen Fortschritt im Hinblick auf die Erfassung des felsmechanischen Verhaltens von klüftigem Fels im Sinne des AJRM (Anisotropic Jointed Rock Model) darstellen. Desweiteren können auch Forschungsvorhaben auf diesem Gebiet gefördert werden. In diesem Sinne der unterstützenden, praxisorientierten Förderung wurde der Walter-
Wittke-Preis 2024 dem Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik (IBF) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zuerkannt, Das IBF gehört der Fakultät für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften an; den Preis nahm Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Hans Henning Stutz entgegen. Die Walter Wittke Stiftung will damit das Thema Felsmechanik gezielt fördern, das in der deutschen Forschungslandschaft aktuell ein Defizit aufweist.
Volles Haus im WBI-Center: Mit rund 270 Gästen war der Felsmechanik- und Tunnelbautag 2024 wieder hervorragend besucht
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Felsmechanik, Tunnel und Untertagebau
Dieses Themensegment wurde eröffnet mit einem Vortrag über die Sanierung des Druckschachtes des Kraftwerks Wehr, eines von fünf Pumpspeicherkraftwerken, die von der Schluchseewerk AG betrieben wird. Im Juni 2023 wurde ein 80 cm langer Riss mit einhergehender Ausbeulung der 35 mm dicken Panzerung festgestellt. Aus dem Druckschacht heraus wurden Injektionsarbeiten auf einem Verpressabschnitt von rund 50 m vorgenommen, bevor die Panzerung mit Blechen repariert werden konnte.
Prof. Dr.-Ing. Walter Wittke (links) eröffnete den 9. Felsmechanik- und Tunnelbautag in Weinheim
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Die Pausen zwischen den Vortragseinheiten boten reichlich Gelegenheit zu Fachgesprächen
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Die Fachveranstaltung befasste sich in diesem Jahr mit den Themen Felsmechanik, Tunnel- und Untertagebau sowie Nachhaltigkeit. In einem weiteren Themenblock wurden herausfordernde Bauprojekte präsentiert
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Dr.-Ing. Martin Wittke und Dr.-Ing. René Sommer von der WBI GmbH stellten die Tunnelplanung mit felsmechanischen Modellen der Planung mit Klassifizierungsmethoden gegenüber. Letztere seien zu vereinfacht und berücksichtigten relevante felsmechanische Eigenschaften nicht, zudem basiere z. B. das Q-System auf Fallbeispielen, in denen das in Deutschland vorkommende Sedimentgestein nicht ausreichend repräsentiert ist. Neben teuren, weil zum Teil überflüssigen Sicherungsmaßnahmen könnte die Bemessung mit diesen Systemen im nicht kristallinen Gestein aber auch zu einer Gefährdung der Standsicherheit des Tunnels führen.
Weitere Vorträge in diesem Themenblock befassten sich mit den Möglichkeiten des einschaligen permanenten Spritzbetonausbaus bei der Erneuerung alter Eisenbahntunnel in Deutschland (Dipl,-Ing. Uwe Kneißl und Prof. Dr.-Ing. Walter Wittke)
sowie einer ganzheitlichen Betrachtung von TVM-Vortrieben im druckhaften Sedimentgestein (Dr.-Ing. Patricia Wittke-Gattermann und Dr.-Ing Bettina Wittke-Schmitt).
Nachhaltigkeit
Der Vortragsblock zur Nachhaltigkeit thematisierte zum einen den Umgang mit ausgehobenem Bodenmaterial hinsichtlich Wiederverwertungsmöglichkeiten und Regularien. Zum anderen wurde hier aber auch das Potential für den Bau weiterer Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland vorgestellt – laut Dr.-Ing. Sebastian Palt von der Fichtner GmbH & Co. KG sei das Potential hier viel größer als allgemein angenommen. Eine gute Nachricht, insbesondere da Pumpspeicher angesichts der Volatilität von Photovoltaik und Windkraft ideal zur Regulierung der Energiefrequenz im Netz geeignet seien. Dipl.-Ing Frank Haehnig, Geschäftsführer der Bauer Spezialtiefbau GmbH, beschloss den Themenblock mit einem Vortrag zum nachhaltigen Spezialtiefbau.
Bauprojekte
Hier wurde unter anderem über den aktuellen Planungsstand des Fernbahntunnels Frankfurt berichtet, inklusive der Vorstellung verschiedener Varianten für die Bauweise der unterirdischen Station und auch verschiedener Tunnelkonzepte mit bis zu vier Röhren.
M. Sc. Wirt.-Ing. Kerstin Wulfing von der DB InfraGO AG erläutere das umfassende Datenmonitoring, das beim Bau der 2. S-Bahn-Stammstrecke in München notwendig ist: „Wir untertunneln ja einmal die komplette Innenstad von München –
da gibt es viele hochsensible Bereiche, die ein objektspezifisches Datenmonitoring erfordern.“ Dabei fällt eine extrem große Datenmenge aus verschiedenen Disziplinen an, die vom Auftraggeber DB InfraGO zusammengeführt und für die Projektbeteiligten interpretierbar gemacht wird.
Den abschließenden Projektvortrag hielt Dr.-Ing. Thorsten Weiner von der Porr, gemeinsam mit Dipl.-Ing. Mathias Seibitz von der TenneT TSO GmbH, zum Tunnelprojekt ElbX im Rahmen des SuedLink-Projektes, dessen auf 700 km angelegte Gleichstromkabeltrasse als zentraler Bestandteil der Energiewende in Deutschland angesehen werden kann. Der 5,2 km lange Kabeltunnel mit einem Durchmesser von 4 m soll im Hydroschildvortrieb die Elbe unterqueren. Seit September 2023 ist das Projekt im Bau. Ab 2028 soll der SuedLink bereit sein für den ersten Energiefluss.