Ein Wort zum Thema…

Underground –
the Way to the Future

Der diesjährige World Tunnel Congress und die 39. Generalversammlung der ITA (International Tunnelling and Underground Space Association) finden zwischen dem 31. Mai und 7. Juni in Genf in der Schweiz statt. Die Swiss Tunnelling Society als Veranstalterin des WTC hat als Motto „Underground – the way to the future“ gewählt, weil sie überzeugt ist, dass der unterirdische Raum in der Zukunft eine erhebliche Rolle spielen wird.

Im weltweiten Kontext stehen große Herausforderungen an: Immer mehr Menschen leben in Städten und Agglomerationen, deren Transport- und Infrastrukturaufgaben ständig wachsen und die faktisch nur durch die vermehrte Nutzung des unterirdischen Raums gelöst werden können. Der Klimawandel mit steigenden Meeresspiegeln bedroht vor allem Küstengebiete, wo die Mehrzahl urbaner Räume liegt. Die Verhinderung von großen Überflutungen – beispielsweise mit unterirdisch angelegten „Stormwater-Drainage-Anlagen“ – wird zu einer Aufgabe von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung. Die Verknappung des Platzes an der Oberfläche urbaner Gebiete führt dazu, dass man niederwertige Nutzungen vermehrt aus den stark überbauten Räumen nach unter Tage verlegen möchte. Man plant bereits ganze industrielle Komplexe wie Müllverbrennungsanlagen unterirdisch zu bauen. Einzelne solcher Anlagen wurden tatsächlich schon realisiert. Viele weitere Herausforderungen ließen sich noch ergänzen.

Mit welchen Konzepten kann man derartigen Herausforderungen begegnen? Faktisch nur mit solchen, die auch oder ganz explizit den unterirdischen Raum einschließen. Die urbanen Räume der Zukunft sind auf effiziente Nutzung des unterirdischen Raums zwingend angewiesen.

Die vermehrte Nutzung des unterirdischen Raums geht aber über den eigentlichen Tunnelbau hinaus und reicht auch in den Bergbau: Zunehmender Bedarf an Mineralien, steigende Rohstoffpreise, Umweltauflagen im Tagebau und weitere Faktoren führen dazu, dass der Bergbau zwangsweise in größere Teufen vorstößt. Der Bergbau der Zukunft ist ebenfalls auf die Nutzung des unterirdischen Raums angewiesen, wenn tiefliegende Ressourcen erschlossen werden sollen.

Um das Potenzial des unterirdischen Raums zu nutzen und für die Problemlösungen heranzuziehen, braucht es ein zielgerichtetes Vorgehen aller Beteiligten. Es braucht Politiker, die dieses Potenzial sehen und nutzbar machen wollen. Es braucht Raumplaner und Städtebauer, welche den unterirdischen Raum genauso selbstverständlich in die Planungen urbaner Räume aufnehmen wie oberirdische Bereiche. Architekten müssen Räume schaffen, in denen sich die Menschen wohl fühlen, auch wenn diese unter Tage sind. Und es braucht Bauherren, die finanzielle Mittel für innovative Lösungen bereitstellen.

Und es braucht vor allem eine Industrie, die innovative Lösung­en zur Realisierung solcher Vorhaben entwickelt, testet und einsetzt. Blickt man ein, zwei oder auch mehr Jahrzehnte zurück, hat man den Eindruck, dass seit langer Zeit keine substanziellen Neuerungen im Untertagebau mehr gemacht wurden. Viele Verbesserungen und detailbezogene Optimierungen bestehender Technologien und deren Anwendungen in größeren Dimensionen – doch eigentliche Neuerungen, Durchbrüche mit innovativen Ansätzen und zwingend notwendigen Konzepten, um die großräumige Nutzung des unterirdischen Raums überhaupt zu ermöglichen, sind bisher ausgeblieben. Wir arbeiten noch immer mit den gleichen grundlegenden Prinzipien wie vor Jahrzehnten.

Wenn man die technische Entwicklung der letzten 20 bis 30 Jahre auf anderen Gebieten sieht, kommt man um den Eindruck nicht herum, dass der Untertagebau stagniert. Wer telefoniert heute noch wie vor zwanzig Jahren? Wer will noch in einem Auto fahren, das sich auf dem technologischen Stand von 1995 befindet? Welcher Ingenieur zeichnet heute noch mit Brett und Feder? Aber wir bohren noch immer Sprenglöcher, spritzen noch immer Beton, bauen noch immer Bögen oder Tübbings ein. Technisch ausgereifter, in größeren Dimensionen, in komplexeren Geologien vielleicht, aber nicht grundlegend anders als vor zwanzig Jahren.

Die in der Zukunft notwendige Nutzung des unterirdischen Raums macht aber substanzielle Entwicklungsschritte in unserer Branche zwingend notwendig. Gelingt dies nicht, könnte die fehlende Innovationskraft unserer Branche hemmend auf die erforderliche Entwicklung der Städte und urbanen Räume der Zukunft wirken.

Solch eine Perspektive muss für unsere Branche Ansporn sein, sich dieses Themas anzunehmen und unseren Beitrag für die Entwicklung der Zukunft zu leisten. Wenn das Motto des WTC 2013 „Underground – the way to the future“ zutrifft, müssen wir ein fundamentales Interesse daran haben, für diesen Weg in die Zukunft gerüstet zu sein – mit den Technologien, dem Know-how und den Kompetenzen, die dafür nötig sind.

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