CEOs Konrad Bergmeister und Raffaele Zurlo haben Brenner Basistunnel Gesellschaft verlassen
Im Rahmen einer Versammlung des Aufsichtsrats des Brenner Basistunnels in Innsbruck wurde am 17. September die finale Entscheidung getroffen: Prof. Konrad Bergmeister, österreichischer Geschäftsführer seit 2006, und Raffaele Zurlo, italienischer Geschäftsführer seit 2010, verließen die Brenner Basistunnel Gesellschaft BBT SE. Nach Angaben der österreichischen Presseagentur APA waren diesem Schritt Unstimmigkeiten zwischen Bergmeister und Zurlo vorausgegangen.
Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola sind neue Geschäftsführer
Auf österreichischer Seite hat am 18. September 2019 Martin Gradnitzer die Geschäftsführung übernommen; auf italienischer Seite heißt der neue CEO Gilberto Cardola. Laut BBT SE sind beide „ausgewiesene Fachexperten der österreichischen und italienischen Bahngesellschaften“. Martin Gradnitzer war bis dato bei der ÖBB Infrastruktur AG, einer Tochterfirma des österreichischen Staatsunternehmens ÖBB Holding AG. Dort war er als Projektmanager am Brenner-Nordzulauf zuständig; Cardola war bisher für die Bahntechniktochterfirma Italferr der italienischen Staatsbahnen Ferrovie dello Stato Italiano tätig.
Aber was genau ist passiert bei einem der größten Tunnelbauprojekte in Europa? Allzu viel Informationen waren offiziell nicht zu erhalten. ÖBB-Pressesprecher Gasser-Mair konnte lediglich bestätigen, dass Konrad Bergmeister angeboten hatte, seinen Posten zu räumen, obwohl sein Vertrag erst 2018 verlängert worden war. Auch Zurlo war 2019 für weitere drei Jahre als italienischer Geschäftsführer bestätigt worden.
Bauabrechnungen erfolgen nun nach nationalen Regelungen
Einem Bericht des Onlineportals salto bz von Mitte August zufolge traf der 12-köpfige BBT-Aufsichtsrat bereits im Juni 2019 die Entscheidung, sich von beiden CEOs zu trennen. Diese Entscheidung sei allerdings nicht umgehend öffentlich gemacht worden, aufgrund der Streitigkeiten zwischen den beiden CEOs, die mit dem dualen System der Entscheidungsfindung beim BBT zusammenhängen. Insbesondere die Unterschiede bei Richtlinien und Gesetzen zwischen Italien und Österreich für Ausschreibungen und Auftragsvergabe sorgten für Probleme. Prozessabläufe, die in Österreich an der Tagesordnung waren, konnten auf italienischer Seite mitunter für rechtliche Schwierigkeiten sorgen. Bergmeister wollte das Ende des dualen Systems der BBT-Gesellschaft durch eine Statutenänderung erreichen, um vom italienischen Vergaberecht unabhängig zu werden.
Persönliche Konflikte zwischen Bergmeister und Zurlo erschwerten dieser Situation zusätzlich. Der anhaltende Streit der Geschäftsführer veranlasste Konrad Bergmeister schließlich, sein Position zur Verfügung zu stellen, mit dem Resultat der Neubesetzung beider CEO-Posten durch Gradnitzer und Cardola. Unter dem Druck der EU, die finanzielle Unterstützung für das Projekt zu kappen, wurde zudem nun auch die Änderung der Statuten umgesetzt: Die Bauprojekte auf österreichischer und italienischer Seite werden von nun an separat nach den jeweiligen nationalen Gesetzesrahmen abgerechnet.
„Zwei verschieden Menschen und Mentalitäten“
Martin Aussendorfer, ein Mitglied des BBT-Aufsichtsrates, äußerte sich auf Facebook zum Weggang der beiden CEOs mit würdigenden Worten: ”[…] ohne Konrad Bergmeister wäre das Projekt Brenner Basistunnel nicht so schnell entwickelt und genehmigt worden. Die gesamte Belegschaft hat gut mit ihm und Ezio Facchin [Vorgänger von Raffaele Zurlo als italienischer CEO] zusammengearbeitet. Herausforderungen wurden mit Mut und Überzeugung angegangen. Deshalb ist der BBT auf institutioneller Ebene das beste Projekt in Europa … – Raffaele Zurlo wurde 2010 Mitglied des Vorstands. Auch von ihm habe ich viel gelernt; Die Präzision und Sorgfalt seiner Formulierungen und Entscheidungen haben mich geprägt. Jedes Dokument wurde detailliert ausgearbeitet und begründet, wodurch das, was „morgen“ geschehen sollte, für jedermann verständlich und nachvollziehbar war […]“. Nach Ausserdorfer trafen „zwei verschiedene Menschen und Mentalitäten“ aufeinander, „die einander groß gemacht haben, bis sie schließlich an die kulturellen und gesetzgeberischen Grenzen zwischen Österreich und Italien gelangten“.