International Tunnel Forum: Nachhaltigkeit und aktuelle ­Herausforderungen im Tunnelbau

Vom 24. bis zum 27. September 2024 fand die 14. InnoTrans auf dem Messegelände Berlin ExpoCenter City statt. Zu den Highlights des Veranstaltungsprogramms gehörte auch 2024 wieder das International Tunnel Forum der STUVA.

Zusätzlich zum mehrtägigen Messgeschehen in den Ausstellungshallen bietet die InnoTrans mit Podiumsdiskussionen und Expertenrunden zu zukunftsrelevanten Mobilitätsthemen eine Plattform für den Wissens- und Meinungsaustausch auf internationaler Ebene. Insgesamt fünf Dialog-Foren (Rail Leaders‘ Summit, International Design Forum, International Tunnel Forum, Public Transport Forum, DB Innovation Forum, International Bus Forum) wurden im Rahmen der diesjährigen InnoTrans Convention angeboten.

Das International Tunnel Forum wird von der STUVA e. V. bereits seit 2008 veranstaltet und thematisiert im Zwei-Jahres-Rhythmus der InnoTrans in kompakter Form aktuelle Fragen rund um die Themen Mobilität und Tunnelbau mit einem sachverständigen Publikum. Auch in diesem Jahr wurden die beiden anspruchsvollen Vortragsrunden wieder vom Geschäftsführer der STUVA, Prof. Dr.-Ing. Roland Leucker, moderiert.

Nachhaltigkeit im Tunnelbau

Am 25. September stand im voll besetzten Vortragsraum im CityCube das zentrale Zukunftsthema „Nachhaltigkeit im Tunnelbau“ im Mittelpunkt. Folgende Themen standen dabei auf dem Programm

Unterirdisches Bauen unter Beachtung der
UN-Nachhaltigkeitsziele

Dipl.-Ing. ETH Heinz Ehrbar, Vertreter der DB InfraGO AG im Deutschen Ausschuss für unterirdisches Bauen e. V., DAUB, Köln

Reduzierung der CO2-Freisetzung durch
stahlfaserbewehrte Tübbinge

Dipl.-Ing. Benoit de Rivaz, Global Technical Manager, NV Bekaert SA, Zwevegem, Belgien

Tunnelbau als Rohstoffquelle – Verwertung von
Tunnel­ausbruchmaterial

Prof. Dr.-Ing. Christoph Budach, Lehr- und Forschungsgebiet Geotechnik und Tunnelbau, Technische Hochschule Köln

U-Bahn U5 in Hamburg – ein Vorzeigeprojekt für klimaschonenden Verkehrsinfrastrukturbau

Dipl.-Ing. Frank Plöger, Leiter Stabsstelle Nachhaltigkeit, HOCHBAHN U5 Projekt GmbH, Hamburg

 

Heinz Ehrbar gab einen Überblick über die Beiträge, die der Untertagebau zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele leisten kann. Er legte seinen Scherpunkt dabei auf die Nachhaltigkeit im ökologischen Sinne. Das beinhaltet einerseits verschiedene Verwendungszwecke von Tunnelbauten. Zum Beispiel als unterirdische Infrastruktur für klimafreundlichen Verkehr, der zugleich keine Lebensräume an der Oberfläche zerschneidet und insbesondere in Städten für Entlastung und Revitalisierung eines lebenswerten urbanen Umfelds sorgt. Oder Wasser führende Tunnel – für die Trinkwasserversorgung, die Abwasserentsorgung (z. B. der Emscher-Umbau) und auch für die klimaneutrale Stromproduktion, sogar mit hoher Energieeffizienz.

Darüber hinaus betonte er aber auch die Notwendigkeit der ökologischen Nachhaltigkeit als ein Grundpfeiler der Planungs- und Bauprozesse. Stichwort CO2-Reduktion, in diesem Fall am Beispiel der Kreislaufwirtschaft, im Speziellen am Beispiel der Verwertung von Tunnelausbruchmaterial. Passend dazu ist übrigens eine DAUB-Empfehlung zum Thema im September 2024 erschienen.

Ein anderes Beispiel für die Möglichkeit den CO2-Ausstoß beim Tunnelbau zu reduzieren, brachte Benoit de Rivaz: stahlfaserbewehrte Tübbinge, die eine Reduktion des Beton- ebenso wie des Stahlverbrauchs ermöglichen. Keine Kleinigkeit, denn laut de Rivaz entfallen 60 bis 80 Prozent des CO2-Fußabdrucks im Tunnelbau auf die Auskleidung. (Dazu empfiehlt sich auch die Lektüre des Fachartikels in tunnel 4/24 zum Einsatz dieser Tübbinge im Rahmen des Projekts Grand Paris Express).

Christoph Budach gab einen tieferen Einblick in das Thema der Kreislaufwirtschaft: Tunnelbau als Rohstoffquelle – durch die Verwertung von Ausbruchmaterial. Dass sich auch diese Mühen lohnen, belegt Budach mit einer Zahl aus der STUVA-Tunnelbaustatistik: Mehr als Millionen Tonnen Ausbruch fielen im letztenJahr beim Tunnelbau in Deutschland allein an, „riesige Mengen an Bodenmaterial. Das Ziel muss sein, dieses Material soweit möglich und so hochwertig wie möglich wiederzuverwenden.“ Anhand von Projektbeispielen zeigte er, was auf diesem Gebiet aktuell schon getan wird.

Einen detailliertes Projektbeispiel hatte schließlich Frank Plöger mitgebracht: die U5 in Hamburg. Effiziente Betonverwendung, Nutzung von Aushub, klimaschonende Bauprozesse – Plöger forderte auf: „haben Sie die ökologische Nachhaltigkeit im Blick!“ Und speziell zum Thema CO2-Emissionen unterstrich er, dass diese wesentliches Bewertungskriterium im Projekt sein müssen, von Anfang an: „Das muss schon in die Ausschreibungen rein.“

Aktuelle Herausforderungen im Tunnelbau

Einen Tag später, am 26. September, beschäftigte sich eine weitere Expertenrunde mit dem thematischen Scherpunkt „aktuelle Herausforderungen im Tunnelbau“ mit vier Vorträgen. Die Vorträge beleuchteten Planung und Bau aktueller großer und bisweilen spektakulärer Tunnelprojekte die nicht nur die zur Verfügung stehende Technik und die neuen Materialien nutzen, sondern darüber hinausgehen und die Grenzen des Machbaren im modernen Tunnelbau immer wieder ein Stückchen weiter verschieben – oder aber gleich ganz neue Dimensionen der Möglichkeiten des Untertagesbaus eröffnen:

Erzgebirgstunnel – ein grenzüberschreitendes
Jahrhundertprojekt mit dem längsten Eisenbahntunnel Deutschlands

Dipl.-Ing. Kay Müller, Gesamtprojektleiter Neubaustrecke Dresden-Prag, DB InfraGO AG, Leipzig

Fernbahntunnel Frankfurt am Main – innerstädtischer Tunnelbau mit unterirdischem Bahnhof

Dipl.-Ing. Rainer Haschke, Leiter Bautechnik Fernbahntunnel Frankfurt am Main, DB InfraGO AG, Frankfurt

Feste Fehmarnbeltquerung – der längste Absenktunnel der Welt

Dipl.-Ing. Gerhard Cordes, Contract Director, Femern A/S, Kopenhagen, Dänemark

Neue Sicherheitskonzepte für unterirdische
gleisgebundene Verknüpfungsstellen

Dr. sc. nat. Andreas Busslinger, Mitglied der Geschäftsleitung, HBI Haerter AG, Bern, Schweiz.

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